Ein Blick von Wanheim zum Broadway
Musical-Klänge in der Kirche, und das mit vier Sängern und einem Klavier: Das Musical-Show-Team füllt die Wanheimer Kirche mit zufriedenen Zuhörern.
WANHEIM Musicals boomen, immer noch und immer wieder. Ständig werden die neuesten Hits vom Broadway nach Deutschland verschifft, und in Duisburg feierte erst kürzlich das Wolfgang-Petry-Musical „Wahnsinn“einen Achtungserfolg. Kein Wunder also, dass das Musical-Show-Team jetzt zum be- reits 12. Mal in der evangelischen Kirche Wanheim spielte – und zum bereits 12. Mal einen vollen Kirchenraum bespielen durfte.
Die fünf Musiker – vier Sänger und eine Pianistin – sangen sich querbeet durch die amerikanische Musical-Landschaft und einige deutsche Übersetzungen, und natürlich gab es mit „Nichts von alledem“auch einen Song aus „Wahnsinn“.
Die Fans der leichten Muse kamen also voll auf ihre Kosten, möglicherweise auch, so Sänger Daniel Drückes, weil die Zuschauer auf unbekanntere Musicals aufmerksam werden könnten.
Auf die Show „Kinky Boots“zum Beispiel, die in Amerika seit Jahren ein Hit ist und die jetzt auch nach Deutschland kommt. In „Nie dieser Sohn“geht es um Selbstfindung, Identitätskrisen und Vater-SohnKonflikte. Der Song ist eine willkommene Abwechslung zu den sonst ewig gleichen, vor Pathos triefenden Liebesliedern.
Musikalisch erfand auch „Nie dieser Sohn“das Musical-Rad nicht neu. Sehr hell, sehr durig, ohne Ecken und Kanten, eben leichte Kost. Genau das aber erwarteten die Zuschauer ja auch. Und dank der minimalistischen Begleitung mit einem einzigen Klavier schaffte es das Musical-Show-Team, die überbordende Dramatik der meisten Musi- calarrangements angenehm herunterzuschrauben.
Seit Jahren ist das Phil-CollinsMusical „Tarzan“auch in Deutschland erfolgreich, deswegen gab es gleich zwei Lieder aus der Show – natürlich auch „Dir gehört mein Herz“, das auch Musicalmuffel schon einmal gehört haben werden (im englischen Original: „You’ll be in my heart“). Dem Song tat die reduzierte Begleitung sehr gut und verlieh dem sonst überladenen Lied balladeske Züge. Noch dazu beeindruckten alle Sänger, nicht nur bei diesem Song, mit präzisen BackingStimmen, die den Harmonien ein wenig mehr Farbe verliehen.
Wie bei allen anderen Stücken verzichtete das Team auch beim Titelsong „Starlight Express“des gleichnamigen Musicals auf Schauspieleinlagen. Eine kleine, halbszenische Darstellung ließ sich Daniel Drückes dann aber doch nicht nehmen, als er als Lokomotive Rusty mit imaginären Rollschuhen durch den Altarraum dampfte. Gleichzeitig zeigte das Team auch, warum „Starlight Express“nach mehr als 30 Jahren noch immer ein Hit ist: Neben Leonard Bernsteins Jazzoper-Musical-Hybrid „West Side Story“und seinem eigenen Musical „Jesus Christ Superstar“ist Andrew Lloyd Webbers Lokomotiven-Show immer noch der Archetyp des perfekten Musicals.
Für „Les Miserables“wurde das Theater am Marientor einst gebaut, aus dem Musical gab das Team am Sonntag „Sterne“zum Besten, quasi das „Memory“von „Les Miserables“. Mit so viel Pathos wie irgend möglich gab das Musical-ShowTeam auch diesen Hit überzeugend zum Besten. Um ein 13. Engagement im nächsten Jahr müssen sich die Musiker sicher keine Sorgen machen.
Sehr hell, sehr durig, ohne Ecken und Kanten,
eben leichte Kost. Genau das erwarten die Zuschauer ja auch.