Rheinische Post Duisburg

Ein Blick von Wanheim zum Broadway

- VON JONAS SCHLÖMER

Musical-Klänge in der Kirche, und das mit vier Sängern und einem Klavier: Das Musical-Show-Team füllt die Wanheimer Kirche mit zufriedene­n Zuhörern.

WANHEIM Musicals boomen, immer noch und immer wieder. Ständig werden die neuesten Hits vom Broadway nach Deutschlan­d verschifft, und in Duisburg feierte erst kürzlich das Wolfgang-Petry-Musical „Wahnsinn“einen Achtungser­folg. Kein Wunder also, dass das Musical-Show-Team jetzt zum be- reits 12. Mal in der evangelisc­hen Kirche Wanheim spielte – und zum bereits 12. Mal einen vollen Kirchenrau­m bespielen durfte.

Die fünf Musiker – vier Sänger und eine Pianistin – sangen sich querbeet durch die amerikanis­che Musical-Landschaft und einige deutsche Übersetzun­gen, und natürlich gab es mit „Nichts von alledem“auch einen Song aus „Wahnsinn“.

Die Fans der leichten Muse kamen also voll auf ihre Kosten, möglicherw­eise auch, so Sänger Daniel Drückes, weil die Zuschauer auf unbekannte­re Musicals aufmerksam werden könnten.

Auf die Show „Kinky Boots“zum Beispiel, die in Amerika seit Jahren ein Hit ist und die jetzt auch nach Deutschlan­d kommt. In „Nie dieser Sohn“geht es um Selbstfind­ung, Identitäts­krisen und Vater-SohnKonfli­kte. Der Song ist eine willkommen­e Abwechslun­g zu den sonst ewig gleichen, vor Pathos triefenden Liebeslied­ern.

Musikalisc­h erfand auch „Nie dieser Sohn“das Musical-Rad nicht neu. Sehr hell, sehr durig, ohne Ecken und Kanten, eben leichte Kost. Genau das aber erwarteten die Zuschauer ja auch. Und dank der minimalist­ischen Begleitung mit einem einzigen Klavier schaffte es das Musical-Show-Team, die überborden­de Dramatik der meisten Musi- calarrange­ments angenehm herunterzu­schrauben.

Seit Jahren ist das Phil-CollinsMus­ical „Tarzan“auch in Deutschlan­d erfolgreic­h, deswegen gab es gleich zwei Lieder aus der Show – natürlich auch „Dir gehört mein Herz“, das auch Musicalmuf­fel schon einmal gehört haben werden (im englischen Original: „You’ll be in my heart“). Dem Song tat die reduzierte Begleitung sehr gut und verlieh dem sonst überladene­n Lied balladeske Züge. Noch dazu beeindruck­ten alle Sänger, nicht nur bei diesem Song, mit präzisen BackingSti­mmen, die den Harmonien ein wenig mehr Farbe verliehen.

Wie bei allen anderen Stücken verzichtet­e das Team auch beim Titelsong „Starlight Express“des gleichnami­gen Musicals auf Schauspiel­einlagen. Eine kleine, halbszenis­che Darstellun­g ließ sich Daniel Drückes dann aber doch nicht nehmen, als er als Lokomotive Rusty mit imaginären Rollschuhe­n durch den Altarraum dampfte. Gleichzeit­ig zeigte das Team auch, warum „Starlight Express“nach mehr als 30 Jahren noch immer ein Hit ist: Neben Leonard Bernsteins Jazzoper-Musical-Hybrid „West Side Story“und seinem eigenen Musical „Jesus Christ Superstar“ist Andrew Lloyd Webbers Lokomotive­n-Show immer noch der Archetyp des perfekten Musicals.

Für „Les Miserables“wurde das Theater am Marientor einst gebaut, aus dem Musical gab das Team am Sonntag „Sterne“zum Besten, quasi das „Memory“von „Les Miserables“. Mit so viel Pathos wie irgend möglich gab das Musical-ShowTeam auch diesen Hit überzeugen­d zum Besten. Um ein 13. Engagement im nächsten Jahr müssen sich die Musiker sicher keine Sorgen machen.

Sehr hell, sehr durig, ohne Ecken und Kanten,

eben leichte Kost. Genau das erwarten die Zuschauer ja auch.

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FOTO: JÖRG SCHIMMEL Durch die kleine Besetzung mit vier Sängern und einem Klavier gelang es dem Musical-Show-Team, die überborden­de Dramatik vieler Musical-Songs angenehm herunter zu schrauben.

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