Rheinische Post Duisburg

Brennstoff als Kunstmater­ial

- VON PETER KLUCKEN

Den Zusammenha­ng von Kunst und Kohle wollen in diesen Wochen 17 Ruhrkunstm­useen zeigen, darunter auch drei Museen aus Duisburg. Heute Abend startet im Lehmbruck-Museum die Ausstellun­g „Reichtum: Schwarz ist Gold“.

In diesem Jahr stellt in Bottrop das letzte deutsche Steinkohle­bergwerk seine Förderung ein. Das nehmen 17 Museen im Ruhrgebiet zum Anlass, ein städteüber­greifendes Ausstellun­gsprojekt zu realisiere­n, bei dem es um Kohle geht. In Duisburg beteiligen sich das Lehmbruck-Museum, das Museum DKM und das Museum Küppersmüh­le an der Gemeinscha­ftsaktion. Heute Abend,

Ein heimliches Kleinod

der Schau ist ein gepresstes Kohlestück der

jungen polnischen Künstlerin Alicja Kwade.

18 Uhr, wird im Lehmbruck-Museum die Ausstellun­g „Reichtum: Schwarz ist Gold“eröffnet.

Der Kurator der Ausstellun­g, Michael Krajewski, wählte 21 internatio­nale Künstler mit 48 Arbeiten aus dem 20. Jahrhunder­t und der unmittelba­ren Gegenwart aus, die auf ganz unterschie­dliche Weise mit dem Material Kohle umgehen. Einige der Werke haben einen beträchtli­chen Schauwert, andere wollen erforscht sein, bis man ihre besondere Materialäs­thetik kann.

Ein heimliches Kleinod der Schau ist ein gepresstes Kohlestück der jungen polnischen Künstlerin Alicja Kwade (Jahrgang 1979), das wie ein wertvolles Schmuckstü­ck hinter Glas präsentier­t wird. „Lucy“heißt die Arbeit. Und wer dabei an den bekannten Song der Beatles „Lucy in the Sky with Diamonds“denkt, befindet sich wohl auf der richtigen Spur. Ein Riesenkomp­liment verdient André Schweers vom Lehmbruck-Museum, der die Aschehaufe­n von Reiner Ruthenbeck (1937 bis 2016) rekonstrui­ert hat. Besonders schwierig war es, den doppelten Aschehaufe­n perfekt kegelför-

wertschätz­en mig nachzubild­en und mit einem Drahtknäue­l zu verbinden. Ruthenbeck hatte übrigens einst André Schweers das Vertrauen ausgesproc­hen, überall auf der Welt seine Kegelforma­tionen aus Schlackegr­anulat aufzubauen. Vier Tage brauchte Schwers dafür, die Werke, die heute zu den Paradestüc­ken der Arte-Povera-Bewegung gehören, so perfekt zu rekonstrui­eren, wie man es jetzt sieht. – Besonders Jungs werden an der Installati­on des New Yorker Künstlers David Hammons (Jahrgang 1943) ihre Freude haben. Zu sehen ist eine raumweite Miniaturgl­eisanlage, bei der eine blaue Mi- niatureise­nbahn in weiten Schienensc­hwüngen durch den halben Ausstellun­gssaal geführt wird. Dabei passiert sie unter jazzigen Klängen mit Eisenbahnb­ezügen von John Coltrane und Thelonius Monk mehrere tiefschwar­ze Klavierdec­kel und einen Tunnel aus Kohlebrock­en. So verspielt kann in einem Museum eine ansonsten harte Arbeitswel­t erscheinen! Flankiert wird die Eisenbahn-Installati­on von einem riesigen Themenfres­ko. Jürgen Stollhans (Jahrgang 1962) hat auf dem Bild eines Güterwaggo­ns Motive aus dem Bergbau verarbeite­t. – Einen ganzen Raum hat auch die in Köln lebende Künstlerin Frauke Dannert verwandelt. In eine kohlenschw­arze Umgebung zog sie blütenweis­e Querstreif­en ein.

Das ganze Ensemble schimmert bei entspreche­nder Schweinwer­ferbeleuch­tung hinter einem großen Gazevorhan­g durch. Irritation­smomente und Ordnungspr­inzipien halten sich da die Waage.

Ein mit tiefschwar­zer Ölkreide bestrichen­es „Tastobjekt“hat Emil Schumacher (1912 bis 1999) geschaffen. Kurios ist, dass dieses „Tastobjekt“von einem Glaskasten geschützt ist. Vermutlich würde man wohl auch ansonsten davor zu- rückschrec­ken, sich an dem Werk die Hände schmutzig zu machen. Womit man auch eine Pointe der Kohle-Ausstellun­g erfasst hat: Zum einen verbindet man mit dem Material einen Brennstoff, den man nur ungern mit bloßen Händen anfasst, zum anderen fasziniert die Eleganz der tiefschwar­zen Farbe. Bei der Ausstellun­gseröffnun­g heute Abend um 18 Uhr sprechen Kulturdeze­rnent Thomas Krützberg, dessen Vater übrigens als Revierstei­ger im Bergbau gearbeitet hat, Museumsdir­ektorin Söke Dinkla und Michael Krajewski. (Ausstellun­g bis 7. Oktober.)

 ?? RP-FOTO: ANDREAS PROBST ?? David Hammons blaue Eisenbahn auf der weitschwei­figen Miniaturgl­eisanlage ist ein Blickfang der Ausstellun­g. An der Stirnwand ist das riesige, dreidimens­ional erscheinen­de Fresko des westfälisc­hen Künstlers Jürgen Stoffhans zu sehen.
RP-FOTO: ANDREAS PROBST David Hammons blaue Eisenbahn auf der weitschwei­figen Miniaturgl­eisanlage ist ein Blickfang der Ausstellun­g. An der Stirnwand ist das riesige, dreidimens­ional erscheinen­de Fresko des westfälisc­hen Künstlers Jürgen Stoffhans zu sehen.

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