Die Rahmer Schönheiten
Werner Ruland käme aus dem Reden nicht mehr heraus, wenn er mit seinen Rosen sprechen würde. Und darum fängt der Züchter aus Rahm damit auch gar nicht erst an.
Rulands Blumen erhalten statt vieler Worte Zuwendungen und Aufmerksamkeit. Denn er schätzt die edlen Pflanzen über alles. Er ist Gärtner aus Leidenschaft, und Rosen sind für ihn mehr als nur ein Geschäft. „Ich mag diese Geschöpfe sehr. Jede sieht anders aus und ist eine Schönheit“, schwärmt er.
Zwischen Rahm und Angermund bestellt Ruland mehr als 100.000 Quadratmeter Anbaufläche. Hier erntet er seine Edelgewächse für den Schnittblumenhandel sowie für den Pflanzenverkauf. Hier probiert er Neuzüchtungen aus. Hier verbringt er von Frühjahr bis Herbst täglich viele Stunden mit der Hege und Pflege. Noch nie hat er gezählt, wie viele einzelne Rosen im Jahr durch seine Hände und die seiner Mitarbeiter gehen. Doch bei rund 30.000 Pflanzen werden es schon viele Hundertausende sein.
Unter den Rosensorten, die er als Schnittblumen und Pflanzen auf den Markt bringt, sind vor allem Bauernrosen; solche, die robust sind und mit dem Klima in unseren Breiten klar kommen. „Damit haben wir eine echte Nische besetzt“, erzählt er. Diese Produkte seien so gefragt, dass er sie problemlos bei den großen Blumenauktionen in Holland anbieten könne.
Diese Nische hat zunehmend Bedeutung gewonnen, seitdem zum Beispiel Billig-Rosen aus Afrika den Markt überschwemmen. Vor einiger Zeit hatte er die Chance, sich Gärtnereien in Afrika selbst einmal anzuschauen und war entsetzt über die dortigen Arbeitsbedingungen. „Darum werben wir auch mit ’Fair Trade aus dem Rheinland’“, erzählt er. Dazu gehört, dass er auf chemische Spritzmittel tunlichst verzichtet und ökologischen Anbau betreibt. Ebenso wie bei Obst bedeutet dies allerdings auch, dass nicht zu jeder Jahreszeit alles zur Verfügung stehen kann. Die ersten Rosen der Saison hat er vor wenigen Tagen ge- schnitten, und das auch nur, weil sie unter Folien wuchsen. Denn im Mai – das weiß jeder Gärtner – bildet die Pflanze allenfalls die ersten Knospen, aber noch keine Blüten. „Darum ist es auch ein Irrtum, wenn die Leute meinen, der Muttertag wäre für uns wie eine Gelddruckmaschine“, sagt Werner Ruland.
Ihm ist die Leidenschaft fürs Gärtnern in die Wiege gelegt wor- den. Sein Vater bestellte vor sechs Jahrzehnten die ersten Beete an der Angermunder Straße in Rahm, dort, wo sich heute eine Tankstelle befindet. Später konnte er zu einem eigenen Stückchen Land am Grünen Weg weitere Flächen pachten. Inzwischen reicht das Rosenreich bis weit nach Angermund hinein. Die körperlich anstrengende Arbeit auf den Feldern macht Sohn Werner nichts aus, wohl aber die im Büro. „Früher bestand meine Arbeit aus 90 Prozent Gärtnern und zehn Prozent Bürotätigkeit. Heute ist das leider genau umgekehrt.“
Jedes Jahr bekommt Werner Ruland Neukreuzungen zugeschickt, aus denen er dann „die Rose“macht. Gerade erst hat er wieder Paletten mit Setzlingen erhalten. In den nächsten fünf bis sechs Jahren wird er durch entsprechende Veredelungstechniken versuchen, daraus Sorten zu entwickeln, die heute noch keiner kennt, die eine Marktchance haben und die dem Kunden möglichst den Atem verschlagen.
Wie wäre es denn mal mit einer Sorte, die so wunderbare duftet wie es früher die Rosen noch getan haben? „Das ist kein Problem. Aber der Kunde will heute Schnittrosen, die möglichst lange halten“, sagt Ruland. Leider lasse es die Genetik einer Rose nicht zu, lange haltbar und gleichzeitig duftend zu sein. Seine eigene Lieblingsrose sei übrigens eine Weiße der Sorte Pashmina, „die hat eine wunderbare große Blüte und hält fast zwei Wochen in der Vase“.
So kurz vor Muttertag drängt sich dann aber doch noch die Frage auf, ob seine Ehefrau denn morgen mit roten Rosen überrascht wird. „Nein, da bin ich ziemlich sicher“, lacht Werner Ruland und erzählt: „Als wir geheiratet haben, waren wir wahrscheinlich das einzige Ehepaar, dass nicht eine einzige Blume bekommen hat. Denn alle unsere Gäste haben gedacht, dass wir davon mit Sicherheit eh schon reichlich bekommen.“