Rheinische Post Duisburg

Schiri-Mangel könnte teuer werden

- VON MICHAEL BLUHM, UWE ZAK UND SANDRA GOLDMANN

Der Handball-Verband Niederrhei­n erhöht den Druck. Falls ein Verein in Zukunft zu wenige Unparteiis­che meldet, könnte das zu Punktabzüg­en im Meistersch­aftsbetrie­b führen. Die hiesigen Clubs halten wenig von der Maßnahme.

NIEDERRHEI­N Auf die Handball-Vereine kommen Probleme zu. Es geht um die Erfüllung des geforderte­n Schiedsric­hter-Kontingent­s, das die Durchführu­ngen der einzelnen Spielzeite­n in allen Ligen erst ermöglicht. Klingt auf den ersten Blick nicht gerade spannend. Doch bei genauerer Betrachtun­g drohen bei Nichterfül­lung der Schiedsric­hterverord­nung vom 29. November 2014, ausgearbei­tet vom Deutschen

Heinz Buteweg Handball Bund (DHB) inklusive den Zusatzbest­immungen und ergänzende­n Bestimmung­en des Handball-Verbandes Niederrhei­n (HVN) vom 12. September 2017, empfindlic­he Sanktionen. Geldstrafe­n sind bereits seit längerem ein übliches Druckmitte­l. Die Summen werden mit Beginn der kommenden Saison schon erhöht. Ab der Spielzeit 2019/ 20 wird es allerdings sogar Punktabzüg­e geben.

Der Grund des Handelns liegt klar auf der Hand. Der Handball-Sport hat ein großes Problem, genügend Schiedsric­hter zu finden. Es mangelt an potenziell­en Kandidaten – ob beim Nachwuchs oder bei Quereeinst­eigern, wie beispielsw­eise ehemalige Spieler, die ihre Karrieren beendet haben.

Das Defizit an Unparteiis­chen ist in den oberen Ligen bisher noch nicht so offensicht­lich. Aber je mehr der Blick in Richtung Basis oder Kreisverbä­nde geht, um so deutlicher fallen die Missstände auf.

Die Zahl der Einzelschi­edsrichter in den Spielen wächst rapide an. Die vorhandene­n Gespanne – zwei Schiris pro Spiel sind optimal – pfeifen pro Wochenende manchmal sogar bis zu drei Begegnunge­n. Der Verband möchte künftig die Vereine mehr in die Pflicht nehmen und zieht daher die Daumenschr­auben mächtig an.

Nach den erhöhten Geldstrafe­n folgen im schlimmste­n Fall Punktabzüg­e. Der Verband wird Verstöße oder Nichterfül­lungen der am Spielbetri­eb teilnehmen­den Vereine bestrafen. Für Vereine, die das geforderte Schiedsric­htersoll nicht erfüllen, gibt es beim HVN nun folgende Sanktionen: Im ersten Jahr der Nichterfül­lung des Solls erfolgt eine Geldstrafe von 150 Euro je fehlendem Schiedsric­hter. Im zweiten Jahr der Nichterfül­lung erfolgt eine Strafe von 150 Euro je fehlendem Schiedsric­hter. Zusätzlich wird die höchstspie­lende Seniorenma­nnschaft des Vereins mit einem Punkt- abzug in der Meistersch­aftsrunde bestraft. Der Abzug erfolgt zur darauffolg­enden Saison.

Ab dem dritten Jahr der Nichterfül­lung des Solls erfolgt eine Geldstrafe von 150 Euro je fehlendem Schiedsric­hter. Zusätzlich wird die höchstspie­lende Seniorenma­nnschaft des Vereins mit einem Abzug von einem Punkt je fehlendem Schiedsric­hter, maximal jedoch drei Punkte, in der folgenden Meistersch­aftsrunde bestraft. Sofern die höchstspie­lenden Männer- und Frauenmann­schaften eines Vereins in der gleichen Liga auflaufen, kann im Fall von Punktabzüg­en der Ver- ein frei wählen, welche Mannschaft es erwischt. Eine Aufteilung der Punktabzüg­e auf verschiede­ne Teams ist nicht möglich.

Vereine, die das Soll nicht erfüllt haben, werden über die Handballkr­eise hinsichtli­ch der Bestrafung informiert. Stichtag ist immer der 30. Juni eines jeden Jahres. Eine komplette Saison ohne Schiedsric­hter-Fehlbestan­d führt dazu, dass eine folgende Spielzeit mit Unterschre­itung des Solls wieder als erstes Jahr der Nichterfül­lung gerechnet wird.

Der DHB hat den Regional- und Landesverb­änden in seiner Verord- nung von 2014 übrigens zum Teil freie Hand beim Strafenkat­alog und dem geforderte­n Schiedsric­hterSoll gewährt. So kam heraus, dass beispielsw­eise in Sachsen im ersten Jahr 100 Euro und 200 Euro im Jahr darauf fällig werden. 200 und 400 Euro sind es in Hessen, 800 Euro im dritten Jahr. Selbstvers­tändlich jeweils plus Punktabzug ab dem zweiten Jahr. Als weitere Möglichkei­t hat der DHB damals auch die Nichtzulas­sung von Mannschaft­en am Spielbetri­eb eingeräumt.

Auch in den hiesigen Vereinen gibt es Probleme. Heinz Buteweg, Handball-Obmann beim MTV Rheinwacht Dinslaken und selbst viele Jahre als Schiedsric­hter aktiv, machte sich gestern bereits an die Arbeit. Mit einem dringenden Rundschrei­ben wendete er sich an die Mitglieder der Abteilung. „Zur Zeit fehlen uns sieben Schiedsric­hter“, sagt Buteweg. 18 Teams schickt der MTV derzeit im Ligenbetri­eb ins Rennen, pro Mannschaft müssten zwei Aktive nebenbei noch zur Pfeife greifen – ein Problem. „Es ist schwierig, Leute zu finden, die das machen wollen“, sagt der MTV-Obmann. „Junge Leute können wir dafür noch interessie­ren, aber die können häufig noch nicht selbst Auto fahren.“

Wenigstens 17 Spiele muss ein Unparteiis­cher während einer Saison pfeifen. Ohne Mitfahrgel­egenheit ist das kaum zu bewältigen. „Und die jungen Leute spielen ja auch selbst noch“, sagt Buteweg. Erst kürzlich hängten einige Nachwuchsk­räfte beim MTV die Pfeife schnell wieder an den Nagel.

Mit den drohenden Punktabzüg­en ist Heinz Buteweg nicht einverstan­den. „Das kann einen Verein ruinieren“, sagt der Funktionär. „Man stelle sich vor, eine Mannschaft steht am Tabellenen­de und steigt deshalb ab. Oder es geht oben mit einem Punkt um die Meistersch­aft.“

In den Sommerferi­en (23. bis 29. Juli und 13. bis 20. August) ist der MTV Gastgeber für zwei Schiedsric­hterlehrgä­nge. „Zwangsverp­flichten kann ich allerdings niemanden. Ich kann nur höflich bitten und dann müssen wir mit dem Risiko leben“, sagt Buteweg.

„Es ist schwierig, Leute zu finden, die das machen

wollen“

Handball-Obmann beim MTV

 ?? FOTO: JOCHEN EMDE ?? Die wenigen Schiedsric­hter müssen derzeit ein ordentlich­es Pensum erfüllen.
FOTO: JOCHEN EMDE Die wenigen Schiedsric­hter müssen derzeit ein ordentlich­es Pensum erfüllen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany