Classic Caravans: ein glitzerndes Geschäft
GROSSENBAUM. Er betreibt eine Firma mit sechs Mitarbeitern und verkauft doch nur eine handvoll Waren im Jahr: Jörg Siebenhüner. Aber seine Waren sind halt etwas Besonderes. Sie spielen neben Til Schweiger in Filmen, sie dienen als Luxusunterkünfte für Musiker, und aus ihren Klappen werden Leckerbissen der Street-Food-Szene serviert. Die Rede ist von Wohnwagen. Wohnwagen? Naja, nicht einfach irgendwelche Wohnwagen. Sondern Airstreams.
Wer einen sieht, erkennt ihn sofort: Unverwechselbar sind die silbernen, rollenden Zigarren. „Hoffentlich scheint die Sonne“, sagt Siebenhüner bei der Terminvereinbarung. „Dann glitzern die so schön.“Sie glitzern. Und das, obwohl es nur hell ist; die Sonne brauchen sie für ihren blendenden Auftritt gar nicht. Eine ganze Halle steht auf dem Firmengelände von Classic Caravans voll von dem, was der Name verspricht: klassische Wohnwagen. Aus klassischen Jahrzehnten: aus den 1950er, 60er Jahren; auch mit Wagen aus den 70ern und 80ern handelt Siebenhüner. Importiert aus den USA; auf einem Spezialschiff – denn in den klassischen Übersee-Container passen die Klassiker mit ihren rund zehn Metern Länge nicht.
Die Oldtimer haben es dem Händler allerdings nicht wegen des Nostalgiefaktors angetan, sondern wegen des schnöden Geldes: 130 000 Euro, sagt er, kostet so ein Airstream fabrikneu. „Das ist der Rolls Royce unter den Wohnmobilen.“Ein Rolls Royce mit mehr als 20 000 von Hand eingebrachten Nieten pro Stück. Aus 100 Prozent Flugzeug-Aluminium. „Die Hülle an sich ist unkaputtbar“, sagt Sieben- hüner. Das ist gut, denn bis sie in seiner Werkstatt landen, haben sie einiges erlebt: „Hagel, Tornados, zugewachsene Waldwege, betrunkene Fahrer“, zählt der Firmeninhaber auf. Spuren eines langen Wohnwagenlebens, die in Großenbaum in 800 Stunden langer Arbeit pro Wagen entfernt werden: Jeder Wagen wird entkernt, entrostet, neu isoliert, neu verkabelt. TÜV-fertig werden sie auch gemacht, schließlich wollen die Kunden die alten Schätzchen rollen lassen.
Wer eines der silbernen Glanzstücke kaufen will, muss mindestens eine fünfstellige Summe berappen, eher eine sechsstellige. Spezialisiert ist Siebenhüner auf Foodtrucks. Auch das aktuelle Umbauprojekt wird als rollende Küche dienen: Verkauft hat er es an den Betreiber eines Campingparks in Kroatien, der für seine 10 .000 Gäste einen Streetfood-Wagen geordert hat.
Viele Airstreams verlassen die Halle der Classic Caravans nur vorübergehend. Dann aber werden sie zu Stars oder kommen zumindest mit welchen in Kontakt: „Der hier hat schon in zwei Til-Schweiger-Fil- men mitgespielt“, sagt Jörg Siebenhüner und deutet auf einen der Wagen. Eine rollende Requisite. Andere verbringen eine Nacht mit einem Star – als Aufenthaltswagen: „In dem Wagen haben schon John Hurt, Dennis Hopper und Götz George gesessen.“
Unglamouröser klingen Auftritte als Werbefahrzeuge. Werbeagenturen zählen zu den Hauptkunden von Classic Caravans. Sie buchen die Airstreams gerne: „Sie sind positiv besetzt: Sie sind rund wie ein Baby. Es gibt keinen Neid-Effekt“, erklärt Siebenhüner.
Seit 25 Jahren ist Jörg Siebenhüner jetzt im Caravan-Geschäft. Dabei ist er eigentlich gelernter Immobilienwirt. Wobei: So ein Wohnwagen ist ja immerhin ein rollendes Zuhause. Trotzdem: Wie, bitte, kommt man denn auf sowas? „Ich bin immer in der Welt rumgefahren und habe Sachen gekauft, die ich schön fand“, lautet seine Erklärung. Nur eben eine Nummer größer als andere: Autos, Motorräder, Möbel. „Irgendwann lief mir in Kalifornien so ein Fahrzeug über den Weg.“
Er fand es schön.