Rheinische Post Duisburg

Classic Caravans: ein glitzernde­s Geschäft

- VON MONIQUE DE CLEUR

GROSSENBAU­M. Er betreibt eine Firma mit sechs Mitarbeite­rn und verkauft doch nur eine handvoll Waren im Jahr: Jörg Siebenhüne­r. Aber seine Waren sind halt etwas Besonderes. Sie spielen neben Til Schweiger in Filmen, sie dienen als Luxusunter­künfte für Musiker, und aus ihren Klappen werden Leckerbiss­en der Street-Food-Szene serviert. Die Rede ist von Wohnwagen. Wohnwagen? Naja, nicht einfach irgendwelc­he Wohnwagen. Sondern Airstreams.

Wer einen sieht, erkennt ihn sofort: Unverwechs­elbar sind die silbernen, rollenden Zigarren. „Hoffentlic­h scheint die Sonne“, sagt Siebenhüne­r bei der Terminvere­inbarung. „Dann glitzern die so schön.“Sie glitzern. Und das, obwohl es nur hell ist; die Sonne brauchen sie für ihren blendenden Auftritt gar nicht. Eine ganze Halle steht auf dem Firmengelä­nde von Classic Caravans voll von dem, was der Name verspricht: klassische Wohnwagen. Aus klassische­n Jahrzehnte­n: aus den 1950er, 60er Jahren; auch mit Wagen aus den 70ern und 80ern handelt Siebenhüne­r. Importiert aus den USA; auf einem Spezialsch­iff – denn in den klassische­n Übersee-Container passen die Klassiker mit ihren rund zehn Metern Länge nicht.

Die Oldtimer haben es dem Händler allerdings nicht wegen des Nostalgief­aktors angetan, sondern wegen des schnöden Geldes: 130 000 Euro, sagt er, kostet so ein Airstream fabrikneu. „Das ist der Rolls Royce unter den Wohnmobile­n.“Ein Rolls Royce mit mehr als 20 000 von Hand eingebrach­ten Nieten pro Stück. Aus 100 Prozent Flugzeug-Aluminium. „Die Hülle an sich ist unkaputtba­r“, sagt Sieben- hüner. Das ist gut, denn bis sie in seiner Werkstatt landen, haben sie einiges erlebt: „Hagel, Tornados, zugewachse­ne Waldwege, betrunkene Fahrer“, zählt der Firmeninha­ber auf. Spuren eines langen Wohnwagenl­ebens, die in Großenbaum in 800 Stunden langer Arbeit pro Wagen entfernt werden: Jeder Wagen wird entkernt, entrostet, neu isoliert, neu verkabelt. TÜV-fertig werden sie auch gemacht, schließlic­h wollen die Kunden die alten Schätzchen rollen lassen.

Wer eines der silbernen Glanzstück­e kaufen will, muss mindestens eine fünfstelli­ge Summe berappen, eher eine sechsstell­ige. Spezialisi­ert ist Siebenhüne­r auf Foodtrucks. Auch das aktuelle Umbauproje­kt wird als rollende Küche dienen: Verkauft hat er es an den Betreiber eines Campingpar­ks in Kroatien, der für seine 10 .000 Gäste einen Streetfood-Wagen geordert hat.

Viele Airstreams verlassen die Halle der Classic Caravans nur vorübergeh­end. Dann aber werden sie zu Stars oder kommen zumindest mit welchen in Kontakt: „Der hier hat schon in zwei Til-Schweiger-Fil- men mitgespiel­t“, sagt Jörg Siebenhüne­r und deutet auf einen der Wagen. Eine rollende Requisite. Andere verbringen eine Nacht mit einem Star – als Aufenthalt­swagen: „In dem Wagen haben schon John Hurt, Dennis Hopper und Götz George gesessen.“

Unglamourö­ser klingen Auftritte als Werbefahrz­euge. Werbeagent­uren zählen zu den Hauptkunde­n von Classic Caravans. Sie buchen die Airstreams gerne: „Sie sind positiv besetzt: Sie sind rund wie ein Baby. Es gibt keinen Neid-Effekt“, erklärt Siebenhüne­r.

Seit 25 Jahren ist Jörg Siebenhüne­r jetzt im Caravan-Geschäft. Dabei ist er eigentlich gelernter Immobilien­wirt. Wobei: So ein Wohnwagen ist ja immerhin ein rollendes Zuhause. Trotzdem: Wie, bitte, kommt man denn auf sowas? „Ich bin immer in der Welt rumgefahre­n und habe Sachen gekauft, die ich schön fand“, lautet seine Erklärung. Nur eben eine Nummer größer als andere: Autos, Motorräder, Möbel. „Irgendwann lief mir in Kalifornie­n so ein Fahrzeug über den Weg.“

Er fand es schön.

 ?? FOTO: DANIEL ELKE ?? Die unverkennb­aren silbernen Zigarren der Marke Airstream gelten als die Rolls Royce unter den Wohnwagen.
FOTO: DANIEL ELKE Die unverkennb­aren silbernen Zigarren der Marke Airstream gelten als die Rolls Royce unter den Wohnwagen.

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