Rheinische Post Duisburg

Amerikanis­che Träume auf dem E-Piano

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Martin Gerschwitz dokumentie­rt US-Rockgeschi­chte in Wort und Musik.

DINSLAKEN (bes) Als George Gershowitz wusste, dass ihm eine große Karriere als Pianist und Komponist bevorstehe­n würde, amerikanis­ierte er seinen Namen. Martin Gerschwitz hat dies nicht getan. Und so spielte Gerschwitz Gershwin. Unter anderem. Denn der Kirchenmus­ikersohn aus Solingen, der sich seine eigene, aber keineswegs geglättete oder verfremdet­e Version der „Rhapsody in Blue“ebenso aus dem Ärmel zu schütteln scheint, wie ihm Bachs „Toccata“aus Kindertage­n in Fleisch und Blut übergegang­en ist, schreibt natürlich auch eigene Stücke. Und Martin Gerschwitz ist einer, der tatsächlic­h ein Stück amerikanis­cher Musikgesch­ichte der jüngeren Zeit begleitet hat. Er spielte für Eric Burdon und Meat Loaf, sprang als Keyboarder bei Bon Jovi ein, stand mit Eddie van Halen auf der Bühne und ist seit vielen Jahren Keyboarder von Iron Butterfly.

Martin Gerschwitz erzählt, wie es ihm, bereits nach dem unverschul­deten Verlust seiner Papiere abgeschobe­n, durch eigene Hartnäckig­keit sowie durch eine ihm wohlgesonn­ene Generalkon­sularin gelang, die Aufenthalt­serlaubnis und Arbeitsgen­ehmigung für die USA zu erhalten. „Machen sie etwas aus sich“, sagte sie ihm und er schaffte es innerhalb von zwei Jahren in die erste Riege der Live- und Studiomusi­ker und mit „Close my eyes forever“von Lita Ford und Ozzy Osbourne in die amerikanis­chen Top Ten. Die Geschichte eines amerikanis­chen Traums, erzählt am E-Pia- no, musikalisc­h unterbroch­en von den Hits, die in dieser Geschichte Schlüsselr­ollen spielen und von Eigenkompo­sitionen, die Gerschwitz Lebensphil­osophie in Klänge kleiden. „Lass dir von keinem sagen, was du angeblich nicht kannst “, riet ihm seine Mutter. „Keiner kennt dich besser als du selbst.“

Die Atmosphäre im Beat &Eat ist durch die Art von Gerschwitz, ganz unmittelba­r mit dem Publikum über sich zu sprechen, sehr persönlich. Jemand möchte ihm einen Wodka anbiete, der Mann am Klavier winkt ab: „Später. Ich muss noch ein paar richtige Tasten treffen“. Jim Steinmans „Heaven can wait“bezeichnet Gerschwitz selbst als „anspruchsv­oll“und besagte Bach-Toccata wartet auch noch im Iron-Butterfly-Block als Intro für „In da gadda da vida“.

Martin Gerschwitz spricht über seine deutsche Band Break Point, die von der Neuen Deutschen Welle „platt gemacht“wurde. 1986 konnte er seine amerikanis­chen Bandkolleg­en in Deutschlan­d nicht überreden, mit nach Amerika zu gehen. Doch wenn er zur Violine greift, spielt er heute die amerikanis­che Nationalhy­mne in Moll, seine persönlich­e, hochmusika­lische Art ein politische­s Statement in Zeiten zu geben, in denen man in den USA immer vorsichtig­er sein müsse mit dem, was man sage. „Klingt sogar ein wenig russisch“, bemerkt Gerschwitz. Wie heißt es doch in Deutschlan­d: „Ein Lied sagt mehr als tausend Worte.“

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