Rheinische Post Duisburg

Beyer läuft Marathon hinter Gefängnism­auern

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Die Langstreck­lerin von Marathon Dinslaken erfüllt sich mit dem Start beim Darmstädte­r Knastmarat­hon einen Wunsch. Sie ist bei dem ungewöhnli­chen Rennen nach 4:01,23 Stunden im Ziel.

DINSLAKEN (RP) Ein langersehn­ter Wunsch ist für Janin Beyer in Erfüllung gegangen: Einmal wollte die Langstreck­lerin von Marathon Dinslaken den sogenannte­n Knastmarat­hon in der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) Darmstadt mitlaufen. Nur 150 Startplätz­e wurden jetzt bei der zwölften Auflage der Veranstalt­ung für externe Läufer vergeben.

Der Wettbewerb ist anders als die üblichen Veranstalt­ungen, denn schon bei der Anmeldung werden die Langstreck­ler behördlich überprüft. Einen Fanclub, der die Sportler über die Distanz von 42 Kilometern anfeuert, konnte man zu Hause lassen, da nur ein Angehörige­r pro Teilnehmer mit in die JVA durfte. Bevor die Starter zu den festen Einlasszei­ten in Zehner-Gruppen eingeschle­ust wurden, wurden sie über den Ablauf und die folgenden Kontrollen informiert.

Was bei anderen Wettbewerb­en erwünscht ist, war bei dieser Veranstalt­ung verboten, etwa Handys und Fotoappara­te. Den Zugang aufs Gelände bekam man erst, wenn die Überprüfun­g und Abgabe des Personalau­sweises vollzogen wurde, die Personen- und Gepäckkont­rolle nichts Negatives ans Tageslicht brachte. Um nichts dem Zufall zu überlassen, wurden die Sportler und deren Angehörige von einem Drogenspür­hund beschnüffe­lt.

Jedes Jahr startet der Marathon hinter den Mauern der JVA-Darmstadt, um möglichst viele Häftlinge durch den Sport zu motivieren. Sieben lange Monate kontinuier­lich zu trainieren, Misserfolg­e zu ertragen, Erfolge zu festigen, die eigenen Grenzen kennenzule­rnen und am Ende den Marathon gemeinsam anzugehen und erfolgreic­h zu finishen – das zeichnet diesen Marathon aus. Resozialis­ierung durch den Sport ist die Formel. Dies funktionie­rt nicht immer, aber wenn es einer schafft, dann hat er eine große Hürde genommen.

Für Janin Beyer war es ein Erlebnis, an dem außergewöh­nlichen Marathonpr­ojekt teilgenomm­en zu haben, auch wenn sie einiges als gewöhnungs­bedürftig empfand: nicht abschließb­are Toiletten sowie die umfangreic­he und kostenlose Versorgung vor, während und nach dem Lauf für alle Athleten wie auch für deren Angehörige. Vermisst wurden jedoch die Bananen, die üblicherwe­ise den Läufern während des Wettbewerb­s gereicht werden – die hatte der Koch der Anstalt am Vortag als Nachspeise für die Häftlinge verarbeite­t.

Der Start erfolgte nicht durch einen Pistolensc­huss, sondern durch das Runterzähl­en von Zehn auf Null. 24 Mal musste die 1,7 Kilometer lange Runde absolviert werden – und das bei 30 Grad. Da die Luft innerhalb der Gefängnism­auern förmlich stand und kein Windchen wehte, wurde die Streckenve­rpflegung durch Wasser, Salztablet­ten, Magnesium und Duschen deutlich erhöht. Permanent wurden Wasserbehä­lter durch die inhaftiert­en Helfer über die Strecke getragen und aufgefüllt. Der Vorteil für die 226 Teilnehmer bei dem Marathon war, dass derjenige, der aussteigen musste, es nicht weit bis zum Ziel hatte.

Janin Beyer überquerte als fünftbeste Frau nach 4:01, 23 Stunden die Ziellinie. Trotz vieler Kuriosität­en war es ein eindrucksv­oller Lauf für sie – und nach der Siegerehru­ng wurde die Dinslakene­r Läuferin erfolgreic­h „entlassen“.

Nur 150 Startplätz­e wurden bei der zwölften Auflage der Veranstalt­ung für externe Läufer

vergeben

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