Fall Maaßen spaltet die Koalition
Der Konf likt um den Verfassungsschutzpräsidenten eskaliert aufs Neue. Wegen dessen Beförderung gerät SPD-Chefin Nahles unter Druck. Sie appelliert an ihre Partei auszuhalten.
BERLIN Die Beförderung des umstrittenen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen zum Staatssekretär im Bundesinnenministerium von CSU-Chef Horst Seehofer entwickelt sich zu einer neuen Zerreißprobe der großen Koalition. SPD-Chefin Andrea Nahles gerät in ihrer Partei massiv unter Druck, weil SPD-Baustaatssekretär Gunther Adler für Maaßen weichen muss und von Seehofer in den einstweiligen Ruhestand versetzt wird.
Der niedersächsische SPD-Innenminister Boris Pistorius nannte das eine Provokation ersten Ranges. „Mir reicht‘s langsam“, sagte er unserer Redaktion. „Herr Adler ist ein renommierter Beamter und soll nun offenbar das Opfer für Herrn Maaßen sein. Das sollte die SPD-Spitze verhindern.“Seehofer gefährde die politische Kultur. „Das ist unerträglich.“Die bayerische SPD forderte die Parteiführung auf, Maaßens Beförderung zu verweigern. Mitte Oktober wählt Bayern einen neu- en Landtag. Die SPD-Umfragewerte sind schlecht. Auch im NRW-Landesverband der SPD ist der Aufruhr groß: Landtagsabgeordnete würden mit wütenden Mails bombardiert, hieß es aus Parteikreisen. Kritisiert werde darin auch die Rolle von Parteichefin Nahles. Genossen fragten sich, was sie bewogen habe, diesem Kompromiss zuzustimmen. „Die Beförderung von Maaßen kann so nicht stehenbleiben, darüber müssen alle drei Parteien noch einmal verhandeln“, forderte Fraktionschef Thomas Kutschaty.
Nahles rief ihre Partei in einem Brief zum Durchhalten auf. Sie sprach zwar von einer „weiteren Belastung für die Zusammenarbeit in der Koalition“, sah darin aber im Gegensatz zu Juso-Chef Kevin Kühnert keinen Grund, über einen Bruch nachzudenken: „Die SPD sollte diese Bundesregierung nicht opfern, weil Seehofer einen Beamten anstellt, den wir für ungeeignet halten.“Und: „Das müssen wir aushalten.“Außenminister Heiko Maas (SPD) plädierte dafür, einen Schlussstrich unter den Streit zu ziehen: „Wir sind gut beraten, uns innerhalb der Bundesregierung um die Probleme zu kümmern, die die Menschen in Deutschland bewegen und die uns in der Welt bewegen: Rente, Miete, Pflege.“Maaßen war wegen verwirrender Äußerungen über die rechtsextremen Vorkommnisse in Chemnitz in die Kri- tik geraten. Seehofer sprach ihm erneut das Vertrauen aus. Maaßen sei ein kompetenter und integrer Mitarbeiter, der sich hohe Verdienste erworben habe. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich nicht. Koalitionspolitiker halten sie für geschwächt durch ihren Dauerkonflikt mit Seehofer. Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer sagte auf die Frage nach dem Zustand der Koalition, die Regierung arbeite „gut und vertrauensvoll“zusammen. Unionsfraktionsvize Ralph Brinkhaus erklärte hingegen: „Ganz unabhängig davon, wie man zu Herrn Maaßen steht, ist der Ablauf in den letzten Tagen nur noch schwer zu vermitteln.“
Einen Nachfolger für Maaßen nannte Seehofer noch nicht. Er werde „zeitnah“einen Personalvorschlag machen. Bis zur Neubesetzung bleibt Maaßen an der Spitze des Inlandsgeheimdienstes. Als Staatssekretär soll er für Sicherheit zuständig sein mit den Bereichen Bundespolizei, Cyber- und öffentliche Sicherheit.
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