Auch Hessen-CDU straft Merkel-Mann ab
Dem Wunsch nach Wechsel in der Unionsfraktion fiel nicht nur Merkels Vertrauter Kauder zum Opfer.
BERLIN Eine Woche nach der Ablösung von Unionsfraktionschef Volker Kauder gegen den Willen der eigenen Kanzlerin ist die Motivsuche in eine neue Phase getreten. In den Mittelpunkt ist dabei ein bemerkenswerter Vorgang gerückt, der dem Wechsel von Merkel-Mann Kauder zu seinem Herausforderer Ralph Brinkhaus unmittelbar voranging: eine Wahl in der hessischen Landesgruppe. Hier wurde der Merkel-Mann Michael Meister als Landesgruppenchef von seinem Herausforderer Michael Brand abgelöst.
Für die Unionsfraktion sind derartige Überraschungen so ungewöhnlich, dass inzwischen unter den übrigen Landesgruppen getuschelt wird, bei den Hessen habe es einen „Putsch“gegeben. Der Bil- dungs- und vormalige Finanzstaatssekretär Meister hatte die Interessen der Hessen im Bundestag bereits in den beiden vorangegangenen Wahlperioden organisiert. Und er wollte weitermachen. Doch gegen Meister (57) stieg nun Michael Brand (44) in den Ring. Der Chef des Menschenrechtsausschusses berichtet von dem „Wunsch nach einem Wechsel“. Deshalb sei er angetreten, und zwar „mit offenem Visier und absolut fair“. Deshalb hält er das Gerede von einem Putsch bei den Hessen auch für „Unfug“. Meister sei der Erste gewesen, der von seiner Kandidatur erfahren habe.
Die Unzufriedenheit ist auch Meister nicht verborgen geblieben. Von den 17 Abgeordneten aus Hessen seien sieben erstmals in den Bundestag eingezogen. Die hätten wegen der langwierigen Koali- tionsverhandlungen zunächst kaum etwas tun können, dann habe der Streit um Masterplan und Maaßen ihre Stimmung „nicht zwingend gehoben“, erläutert Meister. Auf einer Fraktionsklausur vor drei Wochen habe er als Landesgruppenvorsitzender zudem darauf verwiesen, dass ein Personalstreit für den hessischen Landtagswahlkampf wenig hilfreich sei. Auch das sahen die meisten Hessen anders. „Es gibt seit den Personalentscheidungen in der Fraktion eine Aufbruchstimmung, das bekommen wir auch in unseren Wahlkreisen zu spüren“, berichtet Brand. „Wenn ein Wechsel kameradschaftlich verläuft und positive Dynamik der Union wieder mehr Rückenwind gibt, dann waren Entscheidung und Zeitpunkt einfach richtig“, hält er fest. Brand betont die „Loyalität zur Bundesregierung und zur Kanzlerin“. Fest steht für ihn aber auch: „Es hat ganz offenkundig eine Fehleinschätzung an der Spitze der Fraktion und an der Spitze der Partei gegeben.“
Vorgehen und Zeitpunkt sind nicht die einzigen Gemeinsamkeiten von Brinkhaus und Brand. Der Ostwestfale und der Osthesse teilen auch die Leidenschaft für den 1. FC Köln.