Sternekoch im Einsatz für Bedürftige
Streetfood im Wortsinn: Immer freitags versorgt das Team „Herzenswärme“um seinen Gründer Lutz Muhr Mittellose mit einer warmen Mahlzeit.
MITTE (samera) Streetfood ist im Trend. Und beim Streetfood für die, deren Lebensmittelpunkt tatsächlich die Straße ist, haben der bekannte Koch und Olivenölproduzent René Kalobius aus Düren und sein Sponsor, der Luxus-Fleisch-Händler und Caterer Martin Hesterberg aus Dortmund, weder Kalorien noch Mühen gescheut. Mit einer imponierenden Grillstation und Mengen von edlem Grillfleisch rückten sie am Schäferturm an. Dort ver-
„Hier hört man Geschichten, die man so schnell nicht wieder aus
dem Kopf kriegt“
René Kalobius Helfer und Sternekoch
sorgt das Team um den „Herzenswärme“-Gründer Lutz Muhr jeden Freitag und im Winter zusätzlich noch dienstags über dreißig Obdachlose und Bedürftige mit einer frisch gekochten Mahlzeit.
Kalobius, der im Frühjahr noch seinen Stern in der „Westfälische Stube“des Parkhotels Surenburg verteidigt hatte, ist inzwischen raus aus der Sterneküche. Vierzig Jahre „Fine Dining“reichten dem inzwischen knapp 60-Jährigen, der etwas mehr Zeit für den Spaß in seinem Leben haben wollte. Und Spaß macht ihm so ein Abend, an dem sich die Männer und Frauen satt essen, die nicht jeden Tag eine warme Mahlzeit haben. Hesterberg schneidet im Akkord saftiges Fleisch auf und bestreicht aufgeschnittenes Baguette mit verschiedenen Grillsaucen. Die Essensschlange ist noch länger als sonst, unter die Obdachlosen mischen sich Gäste von weit her, die dem Lockruf des Fleisches gefolgt sind.
„Ich habe von der Aktion hier auf Facebook gelesen und ich hatte Hunger“, sagt Martin Rösner, der mit Kalobius befreundet ist, „also bin ich von Hattingen hergefahren, ist ja für einen guten Zweck.“
So setzen sich Leute an einen Tisch, die sich sonst nicht auf Augenhöhe begegnen. „Ich war früher auf BTM, also Rauschgift“, erzählt einer der Männer, der inzwischen wieder eine eigene Wohnung hat. Andere schlafen im Zelt. Wenn irgendwelche unterbelichteten Mitmenschen ihnen das Zelt zerschneiden, besorgt Muhr schnell Ersatz. „Hier hört man Geschichten, die man so schnell nicht mehr aus dem Kopf kriegt“, sagt Kalobius ernst. Und strahlt wieder, als ihm ein junger Mann mit russischem Akzent und arg geschwollener Hand zuwinkt und sagt: „Danke, Chef, für die Zeit und tolles Essen.“
Das Gefühl kennt auch Helferin Manuela Bexte, die daheim drei Bleche Apfelkuchen für die Obdachlosen gebacken und den 30-Liter-Topf mit Nudelsalat gefüllt hat. Jetzt schüttet sie den frischen Kaffee um und wird von anderen Teammitgliedern liebevoll fürs Kleckern geneckt. „Ihr Motzgurken“, lacht sie. „Wir hatten schon richtig viel Spaß zusammen beim Kartoffelschälen“, sagt Lutz Muhr. Aber es gibt da auch die Nächte in denen er Alpträume hat, dass er ohne Essen am Schäferturm steht und in enttäuschte Gesichter blickt. Mit gerade mal drei kochenden Teammitgliedern ist die Personaldecke der freiwilligen Helfer ziemlich dünn, um über den langen Winter zu kommen. Hilfe ist gerne gesehen.