Frau Friedelt rettet den Kreuzweg
Die St. Benediktuskirche ist derzeit geschlossen. Eine neue Heizung wird eingebaut. Die 14 Gemälde und ein Relief der Passion Christi befinden sich im Atelier von Roswitha Friedelt, die sie gerade restauriert. Ostern soll alles fertig sein.
VON HEIDE-INES WILLNER
OBERKASSEL Restauratorin Roswitha Friedelt hat ihr Atelier in Pempelfort verlassen und ist in Oberkassel angekommen. In den Räumen von „Tills Einrahmungen“hat sie sich auf 20 Quadratmetern eine Werkstatt eingerichtet, in der sie mit Akribie beschädigte, verschmutzte und vom Holzwurm attackierte Kunstwerke aus alter Zeit wieder zum Leuchten bringt. „Ich fühle mich wohl hier“, sagt sie und betrachtet ihr gemütliches Refugium, in dem alles um den großen Arbeitstisch herum griffbereit geordnet ist. Woran sie gerade arbeitet, ist nicht zu übersehen – an der Passion Christi.
Zwei große Gemälde des Kreuzwegs der St. Benediktuskirche stehen an der Staffelei. Das eine, die zehnte Station: „Jesus wird seiner Kleider beraubt“, ist schon von der Patina befreit. „Es ist fertig“, sagt Roswitha Friedelt beiläufig und konzentriert sich auf die elfte Station, mit der Nagelung ans Kreuz. Das Gemälde ist in einem beklagenswerten Zustand und auch die Nägel, mit denen die Leinwand am Holzrahmen befestigt ist, sind so verrostet, dass sie herauszufallen drohen. „Zuerst muss ich den alten Firnis von der Oberfläche nehmen“, klärt die Restauratorin auf und zeigt dann, das Gesicht ganz nah an der Leinwand, wie sie kleine Schäden mit einem feinen Pinsel unsichtbar macht. „Ich tupfe sie mit den entsprechenden Farben weg, die ich selbst gemischt habe“, sagt sie. Danach werde das Gemälde mit Lack wieder versiegelt. „Ohne das Bild selbst zu verschönern“, betont sie. „Respekt vor dem Kunstwerk“, nennt sie das. Und: „Auch das Hässliche muss bleiben.“Mit zunehmendem Alter bekämen Menschen eben Falten, Kunstwerke „Krakelee“(Alterungssprünge). „Und manchmal“, so sagt sie, „sehe ich nicht einmal, wen oder was das Bild darstellt.“
Es ist also nicht die Malerei, die sie interessiert, sondern der historische Hintergrund, die Technik. „Darauf sind wir programmiert“, stellt sie fest. Restauratoren seien immer daran zu erkennen, dass sie nicht mit Abstand Gemälde betrachten, sondern „mit der Nase an den Bildern hängen“. Um dem Schaden auf die Spur zu kommen, braucht sie eine gute Portion kriminalistisches Gespür. So hat Roswitha Friedelt herausgefunden, dass der Heer- dter Kreuzweg aus dem Jahr 1860 stammt und auf den böhmisch-österreichischen Historien-Maler Joseph von Führich (1800-1876) hinweist. „Er hat Kupferstiche gefertigt und so dafür gesorgt, dass sich der Kreuzweg unzählige Male verbreiten konnte.“
Die Arbeiten an Gemälden bezeichnet die 64-Jährige als Routine. Dagegen ist die Behandlung des arg mitgenommenen Reliefs mit der Grablegung für sie „eine reine Freude“. Liebevoll streicht sie über die Figuren und zupft vorsichtig die Reste des Kunstharzes ab. „Ich bin ganz glücklich, dass ich das machen darf“, sagt sie fast andächtig. Dabei war es geradezu ein Kraftakt, das Relief von der verrußten Kirchenwand zu lösen. Sigrid Wollenweber habe ihr dabei geholfen. „Es hing in einer Nische und hat viel gelitten.“Auch die 14 Kreuzwegstationen habe sie eigenhändig aus der Kirche geschleppt. Derzeit sei sie geschlossen, weil eine neue Heizung eingebaut wird. Hat Roswitha Friedelt ihre neue Werkstatt auch erst am 1. Oktober bezogen, so hat sie schon seit Jahren einen guten Ruf in Oberkassel,. bei Privatleuten wie auch in Kirchenkreisen. Schon so manches sakrale Kunstwerk hat sie gerettet. „Wir schätzen Frau Friedelt sehr“, sagt Pfarrer Michael Dederichs.