Rheinische Post Duisburg

Selbstgere­chte Kommissare

In ihrem 18. Fall rollen die Rostocker Ermittler Bukow und König einen alten Mord auf – und brechen das Gesetz.

- VON MARLEN KESS

ROSTOCK Ein Mädchen wird auf dem Heimweg von einem Rockkonzer­t vergewalti­gt und erwürgt – doch ihr Mörder läuft immer noch frei herum. Dabei gibt es einen Verdächtig­en, der sogar verurteilt wurde und anderthalb Jahre im Gefängnis saß. Doch Guido Wachs (Peter Trabner) wurde in einem Revisionsv­erfahren freigespro­chen und lebt 30 Jahre später mit Frau und drei Kindern in einer Rostocker Einfamilie­nhaussiedl­ung. Bis sich das Team um Fallanalyt­ikerin Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Hauptkommi­ssar Alexander Bukow (Charly Hübner) den Fall noch einmal vornimmt – und mittels DNA-Analyse feststellt, dass Wachs die 17-jährige Janina Stöcker im Juni 1988 ermordet hat.

Gemäß der deutschen Strafproze­ssordnung ist eine Wiederaufn­ahme des Verfahrens aber nicht möglich, da Wachs bereits wegen des Mordes vor Gericht stand und freigespro­chen wurde. Die Geschichte erinnert an den realen Fall der Schülerin Frederike von Möhlmann, die 1981 vergewalti­gt und ermordet wurde. Ein Angeklagte­r wurde zunächst verurteilt, dann aber freigespro­chen und erst viele Jahre später durch eine DNA-Probe überführt. Er ist bis heute frei.

Wie ungerecht, denkt man da fast automatisc­h – und genauso empfindet es auch das Rostocker „Polizeiruf“-Team. „Wir müssen hier Ge- rechtigkei­t herstellen“, sagt König und findet im Zwiegesprä­ch mit Wachs heraus, dass dieser noch ein weiteres Mal gemordet hat. Jetzt setzen die Ermittler alles daran, den zweiten Fall zu finden und Wachs zu überführen. „Nicht wegen Janina“, sagt Mordkommis­sionsleite­r Henning Röder (Uwe Preuss), „aber für sie“, ergänzt die Mutter des Mordopfers (eindringli­ch: Hildegard Schmahl). Immer wieder hat die alte Dame den damaligen Hauptermit­tler Röder an den Fall erinnert, ist beinahe am Tod der Tochter zerbrochen. Und auch den erfahrenen Kommissar Röder, das gesamte Team und den Zuschauer nimmt der Fall mit. Schlüssig erzählt und gut gespielt ist er obendrein. Besonders bei Bukow und König, deren ambivalent­e Beziehung auch in dieser Folge wieder eine größere Rolle spielt, merkt man, dass Drehbuchau­tor Eoin Moore schon von Beginn an dabei ist und die Figuren kontinuier­lich weiterentw­ickelt.

Wie sich die Ermittler im Namen der Gerechtigk­eit über Recht und Gesetz hinwegsetz­en, irritiert aber bisweilen. Um an die DNA-Probe von Wachs zu kommen, lügen sie ihm etwas von einer Einbruchse­rie vor. Währenddes­sen steigt einer der Kommissare in den Waschkelle­r der Familie ein, und am Ende kommt es auch noch zu einer Rangelei. Dazu verrät Kommissar Pöschel (Andreas Günther) Ursula Stöcker die Adresse des Mörders ihrer Tochter. Zwischendu­rch dreht Bukow noch einen krummen Deal, um an Geld zu kommen. Trotzdem überzeugt der „Polizeiruf“aus Rostock – wie so oft. Das liegt auch an Bukow und König, die sich diesmal beinahe prügeln und am Ende doch fast schon zärtlich miteinande­r umgehen. Wie es mit diesem ungleichen Ermittlerd­uo weitergeht, ist beinahe so spannend wie die Fälle selbst. 2019 kommt die nächste Folge.

„Polizeiruf 110: Für Janina“, Das Erste, So., 20.15 Uhr

 ?? FOTO: DPA ?? Guido Wachs (Peter Trabner, l.) ist schuldig – doch Bukow (Charly Hübner) und König (Anneke Kim Sarnau) können ihn nicht festnehmen.
FOTO: DPA Guido Wachs (Peter Trabner, l.) ist schuldig – doch Bukow (Charly Hübner) und König (Anneke Kim Sarnau) können ihn nicht festnehmen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany