Mädchentraum in Frankfurt
Altine Eminis Eltern kamen einst als Gef lüchtete nach Duisburg. Heute bezaubert ihre Tochter das Publikum am Frankfurter Schauspielhaus.
(bal) Passanten auf dem WillyBrandt-Platz im Stadtzentrum von Frankfurt am Main drehen sich um nach der jungen Frau mit dem hinreißend herzlichen Lächeln und dem aufrechten Gang. Dabei legt es Altine Emini, 24 Jahre jung, gar nicht darauf an, auf dem rege frequentierten Platz zwischen Schauspielhaus und der überdimensionalen Euro-Skulptur aufzufallen. Diese junge Frau, deren Eltern vor 19 Jahren aus dem Kosovo nach Marxloh geflüchtet waren, hat Ausstrahlung. Natürliche Präsenz. Sie fällt auf.
Diese Tatsache, außergewöhnlich großes Talent und ganz viel harte Arbeit haben die Marxloherin ins Ensemble und auf die große Bühne des renommierten Frankfurter Schauspiels gebracht.
Zeit für eine Rückblende: Sommer 2013, Marxloher Theatertage. Überragend, die damalige Inszenierung der Theater-AG des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums. Lehrer Christian Fremder, ein Magier des Schultheaters, hatte eine ganz eigene Deutung von Shakespeares „Sommernachtstraum“auf die Bühne gebracht. Mittendrin, ein Mädchen mit großen, leuchtend grünen Augen – klar, strahlend und vital wie die Wasser des albanischen Vjosa-Flusses, dem vielleicht schönsten Gebirgsstrom Europas.
Die junge Altine Emini fegt über die Marxloher Bühne. Sie sticht aus einem hochveranlagten Ensemble noch einmal deutlich heraus. Die ganze Schule, sagt Altine rückblickend, habe sie damals auf ihrem Weg zur Schauspielschule unterstützt.
Während Weggefährten ihr außergewöhnliches Talent und überwältigende Bühnenpräsenz loben, schaut die bescheidene junge Frau beim Mittagessen mit Blick auf den Main dankbar auf die prägenden Zeiten am Marxloher Gymnasium zurück.
Es seien Menschen wie eben jener Christian Fremder gewesen, Koordinator der Erprobungsstufen am „Elly“, oder Kaspar Küppers, der „Elly“-Theatermann, die sie konsequent gefördert hätten, die an sie glaubten: „Auch dem ehemaligen Schulleiter Lutz Peller bin ich sehr dankbar.“
Hunderte Mitbewerber stehen mit Altine in Konkurrenz, als sie sich vor fast vier Jahren an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt vorstellt: „Vier Vorstellungsrunden gab es“, sagt Altine. „Am Ende blieben acht Bewerber übrig, die angenommen wurden. Vier Frauen, vier Männer.“
Eine harte, aufregende Zeit beginnt für Altine. Sie wird gefördert – unter anderem von der Heinrich-Böll-Stiftung – und gefordert. Der Umzug von Marxloh nach Frankfurt wird begleitet von viel Heimweh: „Ich habe mir zuerst im Stadtteil Bonames eine Wohnung genommen, wo mich Frankfurt am stärksten an Marxloh erinnerte.“
Schon während des Studiums wird Altine den Verantwortlichen des Frankfurter Schauspielhauses empfohlen. Die sind begeistert. Seit dem Frühjahr 2017 gehört sie fest zum Ensemble der großen, traditionsreichen Bühne am Main. Beim Gang durch das große Theater, das sich gerade für die Abendvorstellungen wappnet, wird Altine herzlich gegrüßt, umarmt. Angekommen und angenommen. Chance und Verpflichtung zugleich. Altine wirkt parallel in einem halben Dutzend Stücken und Projekten mit. Proben und Auftritte wechseln sich ab. Zeit für „Heimaturlaub“gibt es nicht: „Zum Glück kommen meine Eltern und Geschwister mich regelmäßig besuchen.“
Auch das Fernsehen hat Altine Emini für das Vorabendprogramm entdeckt: Am 10. Dezember dieses Jahres feierte sie TV-Premiere in der Kultsendung Großstadtrevier, 2019 wird sie zum ersten Mal im Kino zu sehen sein. Altine Emini – ein Marxloher Mädchen lebt ihr Märchen am Main.