Rheinische Post Duisburg

Kultur macht sich nicht von allein

Wichtige Personalfr­agen werden wohl noch im Januar entschiede­n. Dezernent Thomas Krützberg lobt die freie Szene. Dank guter Arbeit und neuer Ideen soll das Kulturlebe­n der Stadt, trotz finanziell beschränkt­er Mittel, lebendig bleiben.

- VON PETER KLUCKEN

Zum Jahreswech­sel lädt sich die RP schon fast traditione­ll selber zum Bilanzgesp­räch bei Thomas Krützberg ein, um - wie bei einer Checkliste - unterschie­dliche Bereiche aus dessen Zuständigk­eitsbereic­h als Kulturdeze­rnent zu hinterfrag­en.

Beginnen wir mit drei wichtigen Personalfr­agen: Wer wird Duisburgs neuer Generalmus­ikdirektor oder neue Generalmus­ikdirektor­in, wie steht es um die Nachfolge des langjährig­en Filmwochen­leiters Werner Ruzicka und wer folgt auf Bernhard Weber, Leiter des Museums der Deutschen Binnenschi­fffahrt, der im April in den Ruhestand geht?

In der zweiten Januarhälf­te sollen, so Krützberg, die beiden ersten Personalfr­agen endgültig entschiede­n werden. Vermutlich ist hinter den Kulissen die Entscheidu­ng über Duisburgs künftigen Generalmus­ikdirektor aber schon gefallen. Es soll Axel Kober werden, der schon jetzt als kommissari­scher Leiter des Duisburger Orchesters dieses Amt mit Engagement ausübt. Die Zustimmung der politische­n Gremien gilt als Formsache. Die Frage nach der künftigen Leitung des Schifffahr­tsmuseums hat es dagegen in sich. Der bisherige Leiter ist gewisserma­ßen ein „Geschenk“der Firma Haniel, die die Zahlung des Gehalts von Bernhard Weber, der zuvor das Haniel-Museum geleitet hatte, übernommen hatte. Krützbergs Aufgabe wird es sein, eine neue eigenständ­ige Leitung für das Schifffahr­tsmuseum zu finden und deren Bezahlung zu sichern, was wegen der restriktiv­en Haushaltss­icherungsv­orgaben eine Herausford­erung ist. Gleichwohl ist Krützberg zuversicht­lich, dass dies gelingt. Die Leitung von Kultur- und Stadthisto­rischen Museum und Schifffahr­tsmuseum in Personalun­ion, die es früher einmal gab, sei aus guten Gründen aufgegeben worden. Die Museen bräuchten jeweils eine eigene Leitung, so der Dezernent.

Grundsätzl­ich sieht es Krützberg als seine Aufgabe an, die sogenannte Hochkultur mit der Breitenkul­tur miteinande­r zu versöhnen. In allen Bereichen sei das ehrenamtli­che Engagement vieler Menschen nicht hoch genug einzuschät­zen. Krützberg verwies in diesem Zu- sammenhang auf die Macher des Platzhirsc­h-Festivals, die Ruhrorter Kulturszen­e, die cubus-Kunsthalle oder auch die Künstlerin Claudia A. Grundei, die im Botanische­n Garten mit viel Engagement im Sommer einen „Kunstraum Grün“organisier­te. Zwar könne die Kulturverw­altung nicht immer mit Geld helfen, aber die Vermittlun­g von Kontakten, Informatio­nen und gelegentli­ch auch Räumlichke­iten und Manpower könnten hilfreich sein. Auch der Verein für Literatur, der dank ehrenamtli­cher Initiative der Öffentlich­keit die Begegnung mit bedeutende­n Autoren beschert, ist da zu nennen.

Die „Duisburger Museumsmei­le“profitiere ganz stark von den nicht-städtische­n Museen Küppersmüh­le und DKM. „Da können wir Duisburger nur dankbar sein“, meint Krützberg. Besonders die neueren Kooperatio­nen von Lehmbruck-Museum und Museum DKM, das im Januar seinen zehnten Ge- burtstag feiert, wurden von Krützberg beim RP-Gespräch gelobt.

Die Duisburger Philharmon­iker seien natürlich ein Aushängesc­hild für Duisburg. Zwar seien die Abonnenten­zahlen sehr hoch, dennoch dürfe man sich darauf nicht ausruhen. Das Orchester und sein Intendant Alfred Wendel bemühten sich deshalb, neue und jüngere Besucher für die Konzerte zu gewinnen. Gut angenommen werde in jüngster Zeit der so genannte Kultureuro für Studierend­e, der sich unter den Kommiliton­en herumgespr­ochen habe.

Als Paradebeis­piel dafür, wie mit wenig Geld Herausrage­ndes geleistet werde, sei der von Michael Steindl ins Leben gerufene „Spieltrieb“. Dieser Schauspiel­jugendclub ergänze die Gastspiele der Bühnen aus Mülheim, Oberhausen, Bonn, Düsseldorf, Essen und Bochum. Die Qualität der „Spieltrieb“-Inszenieru­ngen sei so gut, dass man fast verschmerz­en könne, dass die Stadt kein eigenes Schauspiel­ensemble besitzt. Nicht nur das: die jungen Schauspiel­er seien auch Multiplika­toren für Theatergän­ger ihrer Generation.

Eine klare Haltung nimmt Krützberg bei der Restitutio­n von so genannter Raubkunst ein. Immer, wenn eine wissenscha­ftliche Expertise zum Ergebnis führe, dass ein Werk, das bislang zur Sammlung des Lehmbruck-Museums gehört, aufgrund von Verfolgung in der Nazizeit dem Ursprungsb­esitzer verloren gegangen ist, werde dieses Werk an die ursprüngli­chen Besitzer beziehungs­weise deren Erben zurück gegeben. Zuletzt wurde nach einem entspreche­nden Votum der Provenienz­forschung Emil Noldes Gemälde „Blumengart­en“restituier­t. Wobei dieser Fall besonders heikel war, da zwei Familien Ansprüche auf das Werk erhoben hatten. Das Lehmbruck-Museum folgte dem Votum der Expertise, die eine Hauptopfer­familie sah.

Von diesem Kapitel ging es thematisch weiter zum Zentrum für Erinnerung­skultur, das auf zwei Pfeilern ruht: Stadtarchi­v und Kultur- und Stadthisto­risches Museum. Das Zentrum sei ein Beispiel für eine gelungene Kooperatio­n. Überhaupt: Der schmale Kulturetat müsse mit guten Ideen und guter Arbeit ausgeglich­en werden. Kultur mache sich nunmal nicht von allein.

 ?? FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN ?? Dezernent Thomas Krützberg möchte Hochkultur und Breitenkul­tur miteinande­r in Einklang bringen. Die freie Szene und private Initiative­n spielen dabei wichtige Rollen.
FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Dezernent Thomas Krützberg möchte Hochkultur und Breitenkul­tur miteinande­r in Einklang bringen. Die freie Szene und private Initiative­n spielen dabei wichtige Rollen.

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