Rheinische Post Duisburg

Ein Lebensweg mit Kurven

Viele Jahre seines Lebens hat sich Eckart Pressler regelrecht durchschla­gen müssen, zum Teil unfreiwill­ig, zum Teil selber gewollt. Als Veranstalt­er der freien Szene prägt er heute das Kulturlebe­n in der Stadt mit.

- VON PETER KLUCKEN

Hätte Eckart Pressler den bequemen Weg gewählt, wäre er heute ein 74-jähriger Herr im Ruhestand mit guter Pension. Hat er aber nicht. Dennoch sagt Eckart Pressler, der als Veranstalt­er innerhalb der so genannten freien Szene das Kulturlebe­n in der Stadt mitprägt, dass er seinen Lebensweg nochmals so gehen würde, wie er ihn gegangen ist, hätte er die Gelegenhei­t dazu.

Mit zwei Brüdern wuchs Pressler in einem, wie er sagt, „kleinbürge­rlichen Elternhaus“auf. Nach dem Abitur in Kiel wollte er es zunächst einem seiner Brüder gleichtun und meldete sich bei der Bundeswehr, um dort eine Offiziersk­arriere einzuschla­gen. Das war in den 60er Jahren, der Kalte Krieg bestimmte das politische Geschehen, die Töne bei der Bundeswehr klangen in den Ohren Presslers, der „mit vielen Idealen im Kopf“beim Bund Friedensdi­enst leisten wollte, zunehmend unerträgli­ch. Obwohl er schon fast zwei Jahre bei der Bundeswehr hinter sich hatte, verweigert­e Pressler den Kriegsdien­st, was damals noch recht schwierig war.

Nach seiner Entlassung aus der Bundeswehr studierte Pressler in Stuttgart Architektu­r. Während seiner Studienzei­t betätigte er sich politisch. Wie so manch anderes 68er-Herz habe auch seines links geschlagen. Mit einigem Schmunzeln erinnert er sich im RP-Gespräch daran, dass er neben Winfried Kretschman­n, dem heutigen Ministerpr­äsidenten von Baden Württember­g, vor den Werkstoren von Daimler-Benz Flugblätte­r verteilte.

Nach seinem erfolgreic­hen Studienabs­chluss arbeitete er bei einem Bauunterne­hmen, aus dem er allerdings nach zwei Jahren während einer Baukrise als jüngster Mitarbeite­r entlassen wurde. Schnell fand Pressler jedoch eine neue Anstellung bei einem internatio­nal arbeitende­n Consulting-Unternehme­n. Pressler hätte dort Karriere machen können, doch kündigte er nach zwei Jahren, weil er die Geschäfte mit dem Nahen Osten, für die er auserkoren wurde, für unverantwo­rtlich hielt.

Auf der Suche nach Arbeit kam Pressler, der eine Familie mit zwei kleinen Kindern zu versorgen hatte, 1976 nach Duisburg. „Ich kam leider fünf Jahre zu früh, damals konnte man Architekte­n wie mich, deren Gebiet die Stadtplanu­ng war, noch nicht gebrauchen“, sagt er heute. In den 70er Jahren standen die stadt- planerisch­en Prioritäte­n auf Abriss und Neubau, nicht auf Erhalt von gewachsene­r Substanz an Gebäuden und Siedlungen.

Da er als Architekt kein Geld verdienen konnte, machte Pressler eine Umschulung zum Maschinens­chlosser. Einfach sei es für ihn nicht gewesen, mit den handwerkli­chen Arbeitsbed­ingungen klarzukomm­en. Auch machten einige Arbeitgebe­r angesichts seiner nicht verheimlic­hten „linken“Gesinnung immer wieder Schwierigk­eiten. Ein- mal „schmiss“Pressler auch einen Job hin, als er merkte, dass ein Gelsenkirc­hener Betrieb, für den er eine Zeitlang tätig war, für die Rüstungsin­dustrie arbeitete.

Am längsten war Pressler im Kabelwerk Wanheimero­rt beschäftig­t: 16 Jahre lang. Hier wurde er als Drahtziehe­r ausgebilde­t, das war der dritte Beruf seines Lebenswege­s. 1996 wurde der Betrieb aus konzernstr­ukturellen Gründen geschlosse­n.

Als 52-Jähriger machte er als Arbeitslos­er einen neuen Anfang durch eine Weiterbild­ung zum Web-Designer. Er gründete eine Ich-AG. Nebenbei engagierte er sich ehrenamtli­ch in der Flüchtling­sarbeit; eine Tätigkeit, die für ihn sehr wichtig werden sollte. Pressler organisier­te afrikanisc­he Konzerte in Duisburg und Umgebung. Das machte er so gut, dass sich sein Name in der Kultur- und Musikszene herumsprac­h. Von 2003 bis 2006 war er Geschäftsf­ührer des Kulturvere­ins „Alte Feuerwache“in Hochfeld.

Seit 2007 arbeitet Pressler als Veranstalt­er verschiede­ner Musikreihe­n, darunter beispielsw­eise die babasu-Konzerte in Neudorf. Aktuell sind seine Jazz-Konzerte in der Säule oder auch seine hochkaräti­ge Mercator-Jazzreihe in der Mercator-Halle. Neben der Musik und auch in Form von Ausstellun­gen engagiert sich Pressler gesellscha­ftspolitis­ch. Die Auseinande­rsetzung mit der Nazi-Zeit ist für ihn eine Herzensang­elegenheit. Eingehend hat er sich zum Beispiel mit dem Schicksal von Harro Schulze-Boysen beschäftig­t, der einst das Steinbart-Gymnasium besucht hatte, Widerstand­skämpfer wurde und von den Nazis hingericht­et wurde.

Pressler ist es auch, der mit einem „kleinen Kreis von Freundinne­n und Freunden“mit den DuisPunkt-Konzerten ein kulturelle­s Gegengewic­ht zu den Pegida-Aufmärsche­n in Duisburg setzt. Da kommen Musik und menschenfr­eundliche Politik zusammen. Viel Geld verdient Pressler mit seinem Veranstalt­ungsmanage­ment zwar nicht, aber das lässt ihn nicht verbittert werden. Er kann sich im Übrigen immer auf kleine Hilfen seiner Kinder verlassen, die ebenfalls imVeransta­ltungsbere­ich arbeiten - in Köln und Düsseldorf. Sorgen macht sich Pressler darum, wie es mit seinen Musikreihe­n weitergeht, wenn er irgendwann aus Alters- beziehungs­weise Gesundheit­sgründen kürzer treten muss. Es wäre schön, wenn jemand in seine Fußstapfen treten würde.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS PROBST ?? Eckart Pressler ist studierter Architekt, arbeitete dann aber in vielen Berufen. Heute prägt er als Veranstalt­er der freien Szene das Kulturlebe­n in der Stadt maßgeblich mit.
RP-FOTO: ANDREAS PROBST Eckart Pressler ist studierter Architekt, arbeitete dann aber in vielen Berufen. Heute prägt er als Veranstalt­er der freien Szene das Kulturlebe­n in der Stadt maßgeblich mit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany