Katrins Weg zurück ins Leben
Das Schicksal der 28-Jährigen, der die Füße und Teile der Hände abgenommen werden mussten, bringt die Gesellschaft weiter zusammen. Eine traurige Geschichte, die aber auch Hoffnung macht.
RHEINHAUSEN (dc) Kann die Geschichte von Katrin van gen Hassend, die so schrecklich, so traurig ist, die so manchen auch wütend macht, am Ende auch Hoffnung verbreiten? Sie kann. Sie kann womöglich sogar mehr, sie bringt eine Gesellschaft näher zusammen. Das Schicksal der 28-Jährigen lässt in Rheinhausen und Umgebung seit Wochen und Monaten kaum jemanden kalt. Erzählen kann die junge Frau ihre Geschichte selbst zurzeit noch nicht, sie ist noch zu schwach, liegt im Krankenhaus in Wedau.
Über Katrin sprechen ihre Chefin Anette Löbler, Ärztin aus Rheinhausen, ihre Schwester Nicole Reich und auch ihre gute Freundin und Kollegin Susanne Backes. Man merkt dem Trio an, dass es die Leidensgeschichte Katrin van gen Hassends schon oft erzählt hat. Sie haben darin so etwas wie Routine, „inzwischen gelingt es mir auch, sie fast ohne Tränen zu erzählen“, sagt Annette Löbler. Und fängt an: „Ende 2017 hatte Katrin einen epileptischen Anfall, dessen Herkunft bis heute ungeklärt ist. Im Krankenhaus stellten die Ärzte dann fest, dass ihre Herzklappe undicht ist, eine Operation war erforderlich. Die hatte Katrin auch sehr gut überstanden, einige Zeit später begann ihre Wiedereingliederung als Medizinische Fachangestellte im Medizinischen Versorgungszentrum.“
Einige Wochen später, im Juli dieses Jahres, sollte dann ein Drama um die so freundliche, aber auch zurückhaltende Frau beginnen. Katrin bekam einen zweiten epileptischen Anfall, in dessen Folge ihr im Krankenhaus auch Flüssigkeit aus dem Rückenmark entnommen wurde. Es folgten eine laut Dr. Löbler zu spät erkannte Entzündung der Herzklappe, Katrin fiel in ein wochenlanges Koma, es folgten Nierenversagen, Schlaganfälle und massive Durchblutungsstörungen, die dafür sorgten, dass ihr beide Füße und Teile der Hände amputiert werden mussten.
Dazu, wie all das passieren konnte, sagen die drei Angehörigen bewusst nur wenig. Letztlich entscheiden wohl Gerichte darüber, wer für das schlimme Leid der Friemersheimerin verantwortlich ist. Bei Schwester, Kollegin und Chefin fallen die Worte „Ärztlicher Kunstfehler“und auch „Krankenhauskeim“. Man könne nur abwarten, befasse sich aktuell eher mit der Gegenwart und auch mit Katrins Zukunft.
Dass es überhaupt eine Gegenwart gibt, hält Dr. Annette Löbler für ein Wunder. „Es war sehr dramatisch, wir hatten uns bereits mehrfach von ihr verabschiedet.“Doch Katrin kämpfte, kam wieder zu etwas ähnlichem wie Kräften, „inzwischen kann sie sich bereits wieder selbstständig von rechts nach links drehen, woran vor zwei Wochen noch gar nicht zu denken war. Es geht deutlich aufwärts“, sagt Susanne Backes. Nach dem Krankenhausaufenthalt in Duisburg samt Früh-Reha und kurzem Aufenthalt über Weihnachten zu Hause folgt ab 4. Januar eine lange Rehaphase in Bonn. Dort sollen Katrin auch ihre ersten Prothesen angepasst werden.
Hoffnung und Wunder sind zwei Worte, die im Gespräch ebenso fallen wie das Wort Stolz. Stolz sind Annette, Susanne und Nicole nicht nur auf Katrin, die so bravourös kämpft, stolz sind sie auch auf die vielen Menschen aus Rheinhausen und Umgebung, die von Katrin erfahren haben. „Es gibt keinen Patienten, der in der Praxis nicht nach ihr fragt, auch wird unsere Spendendose immer voller“, freut sich Nicole Backes. Immer wieder kämen Menschen rein, die spenden würden. Zuletzt ein Moerser Vinyl-Club, der durch den Verkauf von Schallplatten 500 Euro einnahm und den Betrag in die Spendendose steckte. Ein Tattoo-Studio und auch ein Friseur aus Neukirchen-Vluyn hatten zudem ihre Tageseinnahmen gespendet und auch viele Rheinhauser Kaufleute hätten etwas gegeben. „Diese Hilfsbereitschaft und Anteilnahme hat uns total überwältigt“, sagt Nicole Rech.
Das Trio hat einen Spendenlauf für Katrin organisiert am 13. Januar auf der Anlage des OSC Rheinhausen an der Gartenstraße (Details: Siehe Kasten links) Die Organisatoren gehen davon aus, dass sie im besten Wortsinn überrannt werden an dem Tag. „So viele Einzelpersonen und auch Vereine haben sich angemeldet mitzumachen oder bei der Organisation zu helfen. Wir sind schon ein bisschen aufgeregt, ob wir das auch alles hinbekommen.“
Wieviel Geld am Ende zusammenkommt, wie viel Geld Katrin für den Start in ihr neues Leben braucht, wissen die drei nicht. Fest steht: Katrin wird auf Hilfe angewiesen sein. Krankenkassen bezahlen bei Prothesen und Co. lediglich Standardprodukte, weiß Dr. Löbler. Das Trio und auch die vielen Spender wollen alles tun, um Katrin van gen Hassend das künftige Leben voller Einschränkungen bestmöglich zu erleichtern.
Sie soll schließlich bald wieder da sein an ihrem Arbeitsplatz im Medizinischen Versorgungszentrum Duisburg-West. Kollegen und Patienten warten schon...