Musik bedeutet ihm alles
Seit 70 Jahren ist Willi Neukamp im Chor aktiv. Was wohl in der - angeheirateten - Familie liegt, auch der Opa seiner Frau war Gründungsmitglied eines Chores
RUMELN-KALDENHAUSEN (lw) Sänger Willi Neukamp lächelt, als er aus dem Volksmund zitiert: „Wo man singt, da lass dich ruhig nieder.“Niederlassen, ankommen, die Lebensfreude in der Musik finden: Es sind diese besonderen Gefühle, die man spürt, wenn man dem Männer- und Frauenchor Rumeln beim Singen zuhört.
1877 wurde der Chor gegründet.
„Singen stand bei den Jungs damals im Jahr 1947 hoch im Kurs“
Willi Neukamp
Chorsänger
Generationen von Sängern machten mit, probten, standen auf Musikbühnen. Jede Stimme zählt. Jeder Sänger verbindet eigene Erinnerungen mit dem Chor. Alle eint eines: die Liebe zur Musik.
Und die war an diesem Tag spürbar. Im Flur des Gemeindehauses St. Marien hörte man schon den Gesang. Chorleiter Axel Quast spielte Keyboard, blickte in die Sängerreihen. 40 Sänger sind’s insgesamt, neun Männer, 31 Frauen. Die armen Männer?
„Nein, das klappt wunderbar“, sagt Neukamp. Er weiß, wovon er redet: Mit seinen 91 Jahren ist er der älteste Sänger im Chor. Stolze 70 Jahre singt er bereits mit. Zusätzlich ist er Sänger beim MGV Wanheim.
Neukamp erinnert sich. „Seit 1947 singe ich im Chor“. Als junger Mann lernte Neukamp einen kaufmännischen Beruf, arbeitete in der Schifffahrt-Spedition. Mit der Musik im Herzen kam Neukamp in der Nachkriegszeit nach Rumeln. „An der Dorfstraße waren sie die Jugendlichen. Und ich als Neuling mittendrin.“
Schnell knüpfte Neukamp Kontakte. Er erfuhr, wie seine Freunde die Freizeit verbringen: „Singen stand bei den Jungs damals im Jahr 1947 im Kurs.“Trotzdem herrschte Not. Im Krieg sind viele Sänger gefallen. Damit hatte auch der Männerund Frauenchor zu kämpfen. 1877 war bereits der Opa von Neukamps Frau an der Chorgründung in Rumeln beteiligt. Ursprünglich als reiner Männerchor gegründet, musste man zum Chorerhalt neue Wege gehen. 1967 rief Neukamp mit dem damaligen Chorleiter Hansgeorg Koch einen Frauenchor zum MGV ins Leben. Ein Highlight für Neukamp: „2017 haben wir 140-jähriges Chorjubiläum in der Rheinhausen-Halle gefeiert.“
Ein Jahr später wird Neukamp vom Chorverband NRW für 70 Jahre Chorengagement mit Urkunde und goldenen er Ehrennadel ausgezeichnet. Bei der Jubilarehrung in Rahm hob Gary M. Garrettson (Vorsitzender des Chorverbands) Neukamps Werdegang hervor.
Was Musik für Neukamp bedeutet? „Alles“, sagt er ohne zu zögern. Natürlich hat er ein Lieblingslied: „Die Rose“von Amanda McBroom. „Das Lied können wir alle auswendig“, sagt Carola Kunde, erste Vorsitzende des Männer- und Frauenchores. Aus dem Chor sind Freundschaften entstanden, die Sänger im Alter von 40 bis 91 Jahren treffen sich auch in ihrer Freizeit. Grillfeste im Garten, Tagestouren, gemütliches Glühweintrinken und Beisammensein im Abendcafé Rumeln stehen auf dem Programm. „Eine große Öffentlichkeit“habe das Chorleben durch die WDR-Sendung „Bester Chor im Westen“erfahren.
„Was fehlt, sind Leute, die sich trauen und mitsingen“, so Kunde. Pop-Musik von Michael Jackson, Rockiges von den Toten Hosen, Helene Fischers „Atemlos durch die Nacht“und klassische Stücke und Operetten – alle Lieder werden mit großer Freude, Sprechübungen und Begleitung durch Chorleiter Quast geübt. „Man muss keine Noten kennen. Singen lernt man durch Singen“, weiß Neukamp. „Jeder, der mitmachen möchte, ist willkommen!“