Rheinische Post Duisburg

Auf einmal war der Klimawande­l da

Uraufführu­ng im Düsseldorf­er Kom(m)ödchen: Anka Zink begeistert mit „Das Ende der Bescheiden­heit“.

- VON SEMA KOUSCHKERI­AN

DÜSSELDORF Der Abend ist fast vorbei, da beginnt Anka Zink zu turnen. Sie steht auf der Bühne im Düsseldorf­er Kom(m)ödchen und streckt ihre gebeugten Arme in Brusthöhe weg vom Körper. Dabei winkelt sie die Hände ab, dreht den Kopf zur Seite, zieht ihr Kinn nach vorn und steuert die Bühnendiag­onale an. Das Publikum ist begeistert, denn es ist einer dieser fabelhafte­n Momente, da die Kabarettis­tin an die Komikerin übergibt und die Ausführung­en von „Handy-Nacken“und „Maus-Arm“im Slapstick aufgehen.

Anka Zink ist ein alter Hase im Geschäft. Sie weiß, wann welcher Hebel zu bedienen ist, damit es lustig wird. Selten albern. Manchmal hintergrün­dig. Jetzt hat sie ihr neues Programm „Das Ende der Bescheiden­heit“erstmals vorgestell­t. Die Uraufführu­ng gab es jetzt im ausverkauf­ten Kom(m)ödchen, wo Anka Zink einst Ensemblemi­tglied war und mit Harald Schmidt auftrat.

Diesmal geht es also ums Protzen und die Selbstinsz­enierung und vor allem darum, dass die anderen schlucken, wie toll man ist. „Es gibt eben Dinge, dafür brauchst du jemanden“, sagt Zink. „Warum sollst du die Wohnung aufräumen, wenn keiner kommt.“Als ein „Hauptangeb­ermodul“hat sie den Faktor „Keine-Zeit-haben“ermittelt. „Früher haben wir uns einfach zum Wandern verabredet, heute wird eine WhatsApp-Gruppe gegründet.“Die dann jedoch bloß den Zweck erfülle, Abwesenhei­t zu organisier­en. „Die einen sagen ab, weil sie zu tun haben, die anderen sind mit der Familie in Andalusien. Und der, der mitkommen möchte, hat die Rufnummern­unterdrück­ung eingestell­t.“Manchmal, da sitze sie in einem Café und tue so, als ob sie nicht merke, dass die anderen Gäste viel jünger sind. Obendrein noch gut aussehen, mit Bart und Tattoo, und einander eröffnen, dass sie gleich wieder gehen. „Ich kapier’ das nicht“, sagt Zink. „Man ist, wo man ist, um zu sagen, dass man weg muss.“

Anka Zink ist Soziologin. Sie hat bei Systemtheo­retiker Niklas Luhmann studiert, was als biografisc­he Zusatzinfo­rmation gerne bemüht wird. Vielleicht, weil ihre exzellente Beobachtun­gsgabe dann noch ein bisschen exzellente­r daherkommt. Zink selbst erwähnt Luhmann in ihrer Vita mit keinem Wort. „Beruf: Entertaine­rin“steht auf der Homepage. Gelernt haben dürfte sie bei dem Bielefelde­r Professor, das Zusammenle­ben der Menschen leidenscha­ftslos zu analysiere­n: Die einstige Gemeinscha­ft ist in Teilsystem­e zersplitte­rt. Als Soziologin hat Zink die Folgen erforscht, als Kabarettis­tin will sie sie bloßstelle­n. „Nehmen wir den Klimawande­l“, sagt sie. „Huch, auf einmal war er da. Hat keiner mit gerechnet.“Den SUV-Fahrern dürfe man deswegen aber keinen Vorwurf machen, die Wagen seien unverzicht­bar für die Hubbel in der Tempo-30-Zone. „Es gibt die Tussenpanz­er in dieser Vielzahl sowieso nur in Düsseldorf und Zürich. Andere Städte können sich das gar nicht leisten.“Herrlich auch ihre Betrachtun­g von „House of Cards“mit Kevin Spacey. „Das ist die erste Serie, die von der Realität nachgespie­lt wird: fieser Präsident und First Lady mit nur einem Gesichtsau­sdruck.“

Ein Höhepunkt des Abends ist die Einführung einer neuen Maßeinheit. Dabei beweist die Kabarettis­tin viel Selbstiron­ie. „Ich finde, ‚Kilo’ gehört abgeschaff­t. Wie wäre es, wenn wir stattdesse­n ,Topmodel’ nähmen? Drei Topmodels sind 35 Kilo. Dann wiege ich sechs Topmodels. Das klingt doch gleich besser.“

Anka Zink streift die Politik, verweilt bei Handwerker­n und Beamten und lässt das Publikum summen, wo andere Antworten erwarten. Mancher Gag ist vorhersehb­ar, aber immer noch so gut, dass sich das Publikum während der zwei Stunden bestens amüsiert.

Termine 8. Februar, „Die Säule“, Goldstr. 15, Duisburg, 20 Uhr; 15. Februar, Schloss Burg, Schlosspla­tz 2, Solingen, 18 Uhr

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FOTO: DPA Kabarettis­tin Anka Zink

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