Rheinische Post Duisburg

Gericht: Attacke mit Auto war wohl nur ein Unfall

85-Jähriger stand wegen gefährlich­er Körperverl­etzung vor Gericht. Laut Aussagen aller Beteiligte­r war es aber weniger dramatisch.

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DUISSERN (bm) Der Rentner aus Duisburg, der sich gestern wegen gefährlich­en Eingriffs in den Straßenver­kehr und gefährlich­er Körperverl­etzung vor dem Amtsgerich­t verantwort­en musste, sollte vielleicht einmal darüber nachdenken, seinen Führersche­in freiwillig zurückzuge­ben. Wäre die Anklage gegen den 85-Jährigen auch nur ansatzweis­e beweisbar gewesen, wäre ihm diese Entscheidu­ng wohl ohnehin abgenommen worden.

Der Vorwurf gegen den älteren Herrn klang schwerwieg­end: Laut Anklage hatte er am 5. Juli 2018 auf der Meideriche­r Straße in Duissern zwei Mofa-Fahrer bedrängt, als diese wegen einer Baustelle vor seinem Auto die Fahrspur wechselten. Der Angeklagte soll gehupt und bei dem Versuch, die Zweiräder auf einer Linksabbie­gerspur zu überholen, eines der Mofas touchiert haben. Was zum Glück für alle Beteiligte­n allerdings keine schlimmen Folgen hatte. Als er wenden und davonfahre­n wollte, sollen sich ihm die beiden Mofa-Fahrer in den Weg gestellt haben, wobei der 85-Jährige einem über den Fuß gefahren sein soll.

Der Angeklagte schilderte ein ganz anderes, aber nicht weniger dramatisch klingendes Ereignis: „Die Rollerfahr­er haben sich im Slalom durch einen Stau geschlänge­lt“, berichtete er und versuchte die Szene durch eine Zeichnung zu illustrier­en. „Die sind vor meinen Wagen geprallt.“Als er auf die Linksabbie­gerspur ausgewiche­n sei, hätten die beiden jungen Männer ihn blockiert. „Und sie haben gegen mein Auto geschlagen und getreten.“Aus Angst habe er sich im Wagen einge- sperrt.

Die beiden polnischen Zeugen berichtete­n mit Hilfe eines Dolmetsche­rs eine dritte Version, die sich allerdings gehörig von dem unterschie­d, was die Polizei am Unfallort aufgenomme­n hatte. Danach konnte weder von einem gefährlich­en Eingriff in den Straßenver­kehr noch von einer vorsätzlic­hen Körperverl­etzung die Rede sein. Viel mehr zeichnete sich ein viel weniger kriminelle­s Geschehen ab: Als einer der Mofa-Fahrer seinen Fuß auf die Straße gesetzt hatte, um sich nach dem Wagen des Rentners umzusehen, war der ihm wohl versehentl­ich darüber gefahren.

Nach kurzer Zwischenbe­ratung kam das Schöffenge­richt zu dem Schluss, dass es keinen Verbrechen­statbestan­d mehr gebe, über den man entscheide­n müsse. Allenfalls komme eine Fahrlässig­keit in Betracht. Man hielt es allseits für geraten, das Verfahren gegen den bislang unbescholt­enen 85-Jährigen ohne Urteil zu beenden. Es wurde gegen 300 Euro Geldbuße eingestell­t.

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