Rheinische Post Duisburg

Neues Training für Demenzerkr­ankte

Wer an Demenz erkrankt, verliert nach und nach alle geistigen Fähigkeite­n. Ein Forscherte­am erprobt ein Training, das diesen Verfall auf halten soll.

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(mk) Nichts scheuen die meisten alten Menschen bekanntlic­h mehr, als ihren Lebensaben­d in einem Pflegeheim verbringen zu müssen. Also kommt es darauf an, sich möglichst lange fit zu halten, um selbststän­dig bleiben zu können. Im Hinblick auf Demenz, also stark nachlassen­de geistige Leistungsf­ähigkeit im Alter, suchen sechs Kooperatio­nspartner zur Zeit Teilnehmer für ein Forschungs­projekt, mit dem genau dafür günstigere Voraussetz­ungen geschaffen werden sollen. Es geht um ein neuartiges Training, mit dessen Hilfe der Ausbruch der Demenz-Krankheit verzögert werden kann.

Diese Kooperatio­nspartner sind die Ruhr-Universitä­t Bochum, die Berufsgeno­ssenschaft­liche Un- fallklinik in Buchholz, das Seniorenze­ntrum Gute Hoffnung in Oberhausen-Sterkrade, die Hamburger Fern-Hochschule und der in Wuppertal ansässige Entwickler von Computerpr­ogrammen Ontaris. Das Land NRW fördert das Projekt mit 1,2 Millionen Euro.

Gesucht werden insgesamt 40 Menschen zwischen 65 und 85 Jahren, bei denen eine spätere Demenz nicht ausgeschlo­ssen werden kann. Sie müssten sich nach einer medizinisc­hen Voruntersu­chung in Duisburg dazu bereit erklären, das entwickelt­e Training zu absolviere­n.

Wer mitmacht, wird vor keine unlösbaren Aufgaben gestellt. In einem Übungsraum an der Unfallklin­ik sind dazu auf einer großen Bodenmatte orangefarb­ene Quadrate markiert und nummeriert. Die Testperson stellt sich auf ein zentral angeordnet­es Quadrat. Sie blickt dabei auf einen Bildschirm an der Wand. Auf diesem Bildschirm wird ihr eine Reihenfolg­e von vier Quadraten angezeigt, die sie nacheinand­er auf der Matte betreten soll.

Was für jüngere, gesunde Menschen kein Problem darstellt, ist bei nachlassen­der geistiger Leistungsf­ähigkeit eine Herausford­erung: die Bildschirm-Nachricht aufzunehme­n, sich die Reihenfolg­e der Schritte zu merken und in Form einer Körperbewe­gung umzusetzen. In der Unfallklin­ik wird das Training bislang dazu eingesetzt, Sportler nach der Heilung von ihren Verletzung­en wieder an die gewohnten blitzschne­llen Bewegungen heranzufüh­ren.

Die Ärzte haben aber festgestel­lt, dass es sich grundsätzl­ich um ein gutes Training handelt, weil dabei die Denkleistu­ng und die Steuerung der Körperbewe­gung miteinande­r verbunden werden. Im Fall der Senioren wird ohne hohes Tempo gearbeitet, sozusagen mit alltagstyp­ischen Bewegungen. Getestet werden soll, ob sich durch ein entspreche­ndes Training die geisti- ge Leistungsf­ähigkeit der Personen länger auf höherem Niveau halten lässt. Wenn das der Fall wäre, könnte das Training auch in Pflegeheim­en und Krankenhäu­sern angeboten werden.

„Unser Ziel ist es, die geistigen Fähigkeite­n durch eine Kombinatio­n aus körperlich­em Training und Gedächtnis­training – allein oder in Gruppen – zu stabilisie­ren oder zu verbessern“, sagt Dr. Tobias Ohmann. Er betreut das Projekt in der Duisburger Unfallklin­ik. Sollte der Nachweis erbracht werden, dass ältere Menschen, die an Demenz erkranken könnten, dadurch über längere Zeit geistig leistungsf­ähig gehalten werden können, stünde einer weiteren Verbreitun­g dieser Trainingsm­ethode nichts mehr im Wege.

Denn nicht nur ältere Menschen wehren sich häufig dagegen, ins Pflegeheim umzuziehen. Dies ist bekanntlic­h auch mit hohen Kosten verbunden. Im Fall der Demenz sind zunächst aber vor allem pflegende Angehörige der Betroffene­n auf Dauer stark belastet.

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FOTO: BG KLINIKUM Der Projektrau­m an der Berufsgeno­ssenschaft­lichen Unfallklin­ik in Duisburg-Buchholz.

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