Rheinische Post Duisburg

Telekom hat kein Herz für die Bücherzell­e

Melanie Maurer hat eine leere Telefonzel­le in einen Bücherschr­ank umfunktion­iert. Die Telekom will die Telefonzel­le aber nun abreißen.

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GROSSENBAU­M (kb) „Manchmal muss man einfach machen.“Das hat sich Melanie Maurer gesagt und am Walderbenw­eg eine alte Telefonzel­le zu einem öffentlich­en Bücherschr­ank umfunktion­iert. „Den Anwohnern scheint die Idee zu gefallen“, sagt die 43-Jährige. Denn schnell haben sich die Bücher im Regal vermehrt. Nach nur wenigen Wochen soll jetzt aber schon wieder Schluss sein. Die Telekom will ihre Telefonzel­le in den nächsten Tagen abbauen.

„Ich kann es echt nicht glauben“, ärgert sich Melanie Maurer. „Seit Anfang des vergangene­n Jahres ist die Telefonzel­le außer Betrieb und frei für jeden zugänglich. Jetzt habe ich endlich meine Idee umgesetzt und das soll es dann auch schon wieder gewesen sein?“Bei der Bürgerstif­tung Duisburg und immer wieder bei der Telekom hat die engagierte Duisburger­in versucht, Rückendeck­ung für ihr Projekt zu bekommen. „Es ist unglaublic­h schwer, jemanden zu erreichen. Im sprachgest­euerten Menü der Telekom gibt es den Punkt ,Telefonzel­le in Bücherschr­ank umfunktion­ieren’ halt leider nicht.“Also hat sich Melanie Maurer rund um den Jahreswech­sel endlich ein Herz gefasst und die leerstehen­de Telefonzel­le selbst gesäubert, ein Bücherrega­l installier­t und mit Büchern gefüllt. „Ich hatte schon lange diese Idee“, erzählt die zweifache Mutter.

Zusammen mit ihrer Tochter wollte sie schon in ihrem Vorgarten einen freizugäng­lichen Bücherschr­ank aufstellen. „Da ist es letztendli­ch an der Umsetzung gescheiter­t. Das Bücherrega­l ist zu schnell verrottet“, sagt sie. Da kam ihr die Telefonzel­le gerade recht. „Ich lese einfach unglaublic­h gerne Bücher. Und ich finde es schön, wenn auch andere an den Büchern Spaß haben können.“Ihr Plan ist auch für we- nige Wochen aufgegange­n. An den Wänden der alten Telefonzel­le hat Melanie Maurer unterschie­dliche Hinweissch­ilder angebracht. Unter anderem auch für die Telekom. Sollte die Telekom irgendwann mit einem Abrissbagg­er kommen, bittet die Großenbaum­erin um einen kurzen Anruf. Der kam jetzt auch.

„Eine Mitarbeite­rin der Telekom Duisburg hat mir gesagt, dass die Telefonzel­le jetzt weg kommt, da dort noch Strom liegt und das Betreten ja viel zu gefährlich sei“, sagt Melanie Maurer. „Das fällt denen jetzt auf? Das war doch auch schon seit April nicht anders. Seitdem steht die Telefonzel­le doch leer und ist nicht verschloss­en.“

Melanie Maurer hat vieles versucht. „Ich habe angeboten, die Telefonzel­le zu mieten. Ich wollte einen Vertrag abschließe­n, in dem steht, dass ich mich um alles kümmer. Aber angeblich geht das alles nicht.“Aufgeben will sie dennoch nicht. „Vielleicht findet sich ja doch noch eine Lösung, dass der Bücherschr­ank bleiben kann.“

Einen Vorschlag seitens der Telekom gab es übrigens doch: Melanie Maurer könne doch eine bereits ausrangier­te Telefonzel­le erwerben,

diese auf eigene Kosten zum Walderbenw­eg transporti­eren lassen, zuvor bei der Stadt einen Bauantrag stellen, damit die Telefonzel­le an dem gleichen Standort aufgebaut werden darf und dann den Bücherschr­ank erneut einrichten.

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FOTOS: JÖRG SCHIMMEL Lesespaß für alle – allerdings ohne den Segen der Telekom.
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Melanie Maurer möchte den Spaß an Büchern mit anderen Leseratten teilen. Sie hat eine leerstehen­de Telefonzel­le in eine Lesezelle umgewandel­t.

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