Jung die Küche, uralt das Gebälk
Das Pungshaus in Hilden ist verspielt romantisch und urig. Gemütliche kleine Räume, viel Holz, Schnitzereien und Fachwerk – ein Stück Hausbau-Historie.
Gut gelegen? Leider können wir diese Frage nur mit einem „nicht wirklich“beantworten. Das Pungshaus in Hilden ist nämlich eines dieser wunderbaren alten Häuser, die vermutlich durch einige Zufälle und viel Zuwendung von Liebhabern solcher Bauwerke überlebt haben, obwohl die Stadt im Laufe der Zeit langsam um sie herum immer größer wurde. Man ahnt, wie weit draußen das Fachwerk-Häuschen einst gelegen haben muss. Aber nun sind drum herum die Zweckbauten einer Stadt entstanden, die vor allem in den letzten Jahrzehnten Wohnraum brauchte und es sich nicht leisten konnte, nur nach ästhetischen Gesichtspunkten zu bauen. Auch das Spaßbad Hildorado, gleich um die Ecke, macht architektonisch gesehen keine große Welle. Aber egal – sehen wir es positiv: Wie eine kleine Oase mit – im Sommer gewiss hübschem – Garten liegt das Pungshaus mitten in der Hildener City-Randlage, gleichsam unerwartete Wohltat fürs Auge. Vor allem innen: so viel aufwändig restauriertes Fachwerk in höchster Vollendung haben wir selten gesehen. Auf übertriebenen Deko-Kitsch wurde verzichtet, man verlässt sich auf die dezente Wirkung von altem Holz und altem Gemäuer.
Gut geschmeckt? Uns war schon beim Vorab-Check im Internet die erfreulich kleine Karte aufgefallen. Aus Erfahrung wissen wir: Je weniger da angeboten wird, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der Koch es schätzt, sich auf einige wenige, dafür gute Angebote zu konzentrieren. Als wir den Gruß aus der Küche bekamen – ein kleines Stück lauwarme Quiche – bestätigte sich das: perfekt angerichtet und gewürzt, zwei oder drei Happen und damit ideal, um den ersten Hunger zum Schweigen zu bringen und die Neugier zu steigern. Wir entschieden uns als Vorspeise für zwei Suppen: Kartoffelcreme mit Lachs, Linsencreme mit Chorizo. Nun wissen wir um die Nachteile, die der Zusatz „creme“bei solchen Suppen sehr oft hat – da wird nämlich mit Sahne oder Schmand ein von vielen erwünschtes Volumen erzeugt, aber der eigentliche Geschmack platt gemacht. Das war hier nicht der Fall, obwohl man auf beide Teller noch einen ordentlichen Klecks der kalo- rienträchtigen Zugabe platziert hatte. Wir nehmen dies mal zum Anlass zu raten, darauf zu verzichten: Solche Suppen tragen viel mehr zum Wohlbefinden bei, wenn sie auf das reduziert werden, aus dem sie sind, Kartoffel, Linsen, Kresse, Lauch. Die Linsensuppe hatten wir bestellt, weil uns die Chorizo neugierig gemacht hatte. Diese spanische Wurst, in der Regel von feiner Schärfe, kann köstlich sein. Sie aber, wie im Pungshaus, in der rohen Version zu verwenden, finden wir ziemlich daneben, weil sie dann beim Kauen eine unangenehme Konsistenz hat und vielen nicht munden dürfte. Wir raten zur geräucherten Variante. Als Hauptgericht wählten wir Roastbeef vom Kalbstafelspitz und Elsässer Senfrostbraten. Das Roastbeef war perfekt – innen rosa, zart und von einem zubereitet, der sein Handwerk versteht. Beim Elsässer Senfrostbraten interessierte uns, wie er sich von der Düsseldorfer Variante unterscheidet. Die Antwort: wenig! Die Kruste auf dem zarten Stück Fleisch war – wie am Rhein – aus Senf und Zwiebeln, das Ganze allerdings einen Tick süßer als gewohnt. Dennoch: lecker! Den Preis wert? Das Pungshaus kalkuliert fair: Die Suppen standen mit je neun Euro auf der Rechnung, der Senfrostbraten lag bei 25, das Roastbeef bei 17 Euro – das ist im Mainstream der Preisgestaltung. Die Portionen sind angenehm – nicht zu groß, nicht zu klein. Zum Roastbeef hatten wir, als Extra, um Kartoffelpuffer gebeten (was erfüllt und nicht berechnet wurde), die es zum Senfrostbraten eh gibt. Weil wir wissen, wie perfekt heutzutage Convenience-Food angeboten wird, sind wir nicht sicher, ob die – köstlichen – Küchlein hausgemacht oder aus der Tüte waren. Geschmeckt haben sie so oder so, daher hoffen wir auf die erstere Variante.
Überraschung? Ein solches Häuslein in dieser eher tristen Umgebung zu finden, damit hatten wir nicht gerechnet. Das Pungshaus ist innen der Inbegriff der Gemütlichkeit – für Freunde eines solchen Ambientes die pure Freude. Auch wenn es vor 350 Jahren (so alt soll es sein) garantiert nicht so ausgesehen hat.
Gut bedient? Wir waren mittags dort und mit dem Service zufrieden. Die Dame, die sich ums kümmerte, war zwar von eher zurückhaltender Freundlichkeit, aber dennoch verbindlich und aufmerksam. Bei der Frage nach Remoulade zum Roastbeef („Haben wir nicht!“) hätten wir uns ein bisschen mehr Verständnis gewünscht – eine gute Küche sollte eine passende Alternative schnell zaubern können.
Fazit Wir grüßen die vermutlich sehr kleine Küche mit Anerkennung der Leistung. Und empfehlen, vor allem für die reiferen Gäste zum Roastbeef Remoulade zumindest in Reserve zu haben. Wir hätten notfalls auch eine aus dem Glas genommen.
Info Restaurant Pungshaus, Grünstraße 22 40723 Hilden, 02103 613 72, Mo-Fr 12-15, 18-24, Sa 18- 24 Uhr
HANS ONKELBACH