Abschnurren des Lebensrestes
Immer drängender stellt sich die Frage: Wann kommt eine neue Regierung?
Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass die Tage der Koalitionsregierung von CDU, CSU und SPD gezählt sind. Das ist gut so, denn hier wuchs, in Variation zu Willy Brandts berühmter Sentenz aus der Wendezeit, etwas nicht zusammen, was auch nie zusammen gehörte. Von Interesse ist allein, wie das Abschnurren des Lebensrestes der Mesalliance vonstattengeht. Schon jetzt richtet sich der Blick darauf, ob und wann eine Regierungsmannschaft zusammenfindet, die frischen Schwung verkörpert, Jung und Alt inspiriert sowie unseren Nachbarn in Europa die Irritationen über das mal verzagte, mal belehrend auftretende Deutschland nimmt.
Seit Jahrzehnten war die Kluft zwischen einer bienenfleißigen Mittelschicht, zwischen tüchtigen Handwerkern, kraftvollen Mittelständlern, Firmen mit Weltgeltung auf der einen und ökonomischen Azubis mit Kabinettsrang auf der anderen Seite nicht so krass wie derzeit. Wirtschaftspraktiker, die über den Tellerrand ihrer Firmen hinausschauen (müssen), raufen sich die Haare über das politisch Verbrauchte. Hoffentlich findet die führungsstarke Generalistin, aber wenig wirtschaftspolitisch versierte künftige Bundeskanzlerin Annegret Kramp-Karrenbauer berufserfahrene Persönlichkeiten, die der Wirtschafts- nation Deutschland wieder Gesicht und Gewicht geben. Hoffentlich sperrt sich ein neuer Finanzminister nicht gegen einer Steuersenkungsreform. Hoffentlich bewirbt sich die künftige Regierung nicht „um die Weltmeisterschaft in Moral-Appellen“(Harald Martenstein im Tagesspiegel), sondern investiert massiv in Forschung und Entwicklung. Und hoffentlich gelingt es den Grünen, ihre zukunftsvergessene Anti-Industrie-Klientel zur Einsicht ins wirtschafts- und energiepolitisch Notwendige zu bringen. Man darf noch hoffen, oder?
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