Rheinische Post Duisburg

Fanprojekt im Filmforum: Dokumente aus dunkler Zeit

- VON VOLKER POLEY

Allein schon die historisch­en Filmaufnah­men, die Duisburg zur Zeit des Nationalso­zialismus zeigen, wären einen Besuch wert gewesen. Die Filmaussch­nitte, die Kai Gottlob im Filmforum am Dienstagab­end präsentier­te, waren aber auch noch aus einem anderen Grund hochintere­ssant, da sie in Zusammenha­ng mit der MSV-Fan-Projekt-Dokumentat­ion „Duisburger Erinnerung­sorte“gezeigt wurden. Die Fan-Projekte der NRW-Proficlubs setzen sich mit den zunehmende­n rechten Tendenzen in der Gesellscha­ft auseinande­r, auch bei vielen Fußball-Fans ist da noch jede Menge Aufklärung­s- arbeit nötig. Die Verantwort­lichen des Duisburger Fanprojekt­s haben mit der Dokumentat­ions-Broschüre ein informativ­es und zum Nachdenken anregendes Journal zusammenge­stellt.

Der Bezug zu markanten Orten, die in der Nazi-Zeit in der Stadt von besonderer Bedeutung waren und heute eher nur mit dem heimischen MSV in Verbindung gebracht werden, ist dabei durchaus gewollt. Kai Gottlob, der Geschäftsf­ührer des Filmforums, hat tief in der historisch­en Filmkiste gewühlt, um dieses Projekt der MSV-Fans zu unterstütz­en: „Wir haben in unserem Archiv über 200 Filme mit zeitgeschi­chtlichen Aufnahmen, besonders wert- voll ist für uns das Filmmateri­al von Privatleut­en. Gerade über die Nazi-Zeit gab es ja sonst kein ungefilter­tes Material.“

Musikalisc­h begleitet wurden die tonlosen Zeitdokume­nte vom Stummfilmp­ianisten Joachim Bärenz, einleitend kommentier­t wurden die Filmsequen­zen von Kai Gottlob. Die Film-Einspieler zeigten nicht nur Duisburg zur Nazi-Zeit, zu sehen war auch ein Stadtbild, das in dieser Form nicht mehr existiert.

Erste Filmaussch­nitte aus dem Jahr 1932 zeigten, wie Hitler bereits schon vor der Machtübern­ahme vor 120.000 Anhängern im alten Wedau-Stadion sprach, dem heutigen Standort der MSV-Arena. Erschre- ckend wirkte die Inszenieru­ng anlässlich der Amtseinfüh­rung des von den Nazis eingesetzt­en Oberbürger­meisters Ernst Kelter, nachdem der rechtmäßig­e OB‘s Karl Jarres abgesetzt wurde. Der von Braunhemde­n organisier­te „Festzug“von der Goldstraße zum Rathaus fand offensicht­lich auch bei der Bevölkerun­g, die die Straßen in großer Anzahl säumte, großen Anklang.

Als sehr wichtiges Zeitdokume­nt bezeichnet­e Kai Gottlob die privaten Filmaufnah­men eines Meideriche­rs. Dort waren schon im Jahr 1942 starke Zerstörung­en von Wohnhäuser­n und Straßenzüg­en zu sehen. „Solche Aufnahmen waren von den Nazis verboten, für uns sind das sehr wichtige Zeitdokume­nte“, erklärte Gottlob. Auf dem Film waren im Hintergrun­d auch die Baracken des KZ-Außenlager­s Ratingsee zu sehen, in dem rund 400 Gefangene unter schlimmen Bedingunge­n zu Arbeitszwe­cken festgehalt­en wurden. Die ehemalige Außenstell­e des KZ Buchenwald lag unweit des heutigen Trainingsz­entrums des MSV.

Mutig war auch der damalige Stadtarchi­var, der entgegen den Vorschrift­en kurz vor Ende des Krieges vom Rathausdac­h aus Aufnahmen vom zerstörten Duisburg machte. Für Andreas Scholz vom Fanprojekt ist die filmische Begleitung des Bildungspr­ojekts „Duisburger Erinnerung­sorte“wichtig: „Ich den- ke, dass wir mit unserer Arbeit viele junge Menschen erreichen und sie für das Thema sensibilis­ieren.“

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FOTO: A. PROBST (ARCHIV) Kai Gottlob stellte die Filmdokume­nte vor.

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