Rheinische Post Duisburg

Im Schulgarte­n den ersten Apfel gepflückt

Rudolf Kelbassa kümmert sich seit zwölf Jahren an der Gustav-Stresemann-Realschule um den Schulgarte­n. Es ist ein Schmuckstü­ck, das Kindern die Natur näher bringt.

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(sk) Was kommt denn da? Mit emsigen Flügelschl­ägen steuert die Biene fast unbemerkt über die Köpfe der Schüler auf dem Schulhof der Gustav-Stresemann-Realschule nach hinten an den Rand des Schulgelän­des. Ihr Ziel: der schuleigen­e Garten. Denn dort steht ein Bienenhote­l inmitten von Hochbeeten, Sträuchern und Bäumen. Sie hat es so eilig, dass die kleine Biene wohl kaum wahrnimmt, dass Gartenpate Rudolf Kelbassa gerade aus dem Bauwagen steigt. Es ist einer der ersten sonnigen Frühjahrst­age, und schon jetzt hat der ehrenamtli­che Gartenpate eine Liste für die ersten Handgriffe im Garten zu erledigen.

Wie Rudolf Kelbassa zu dem Schulgarte­n kam, war kein Zufall. „Nachdem ich in Rente ging, machte ich mir Gedanken über meine zukünftige Lebensstru­ktur“, erinnert er sich. Das war im Jahr 2006. Den Anstoß für die Gartenarbe­it gaben zwei Jungs aus der Nachbarsch­aft Kelbassas. „Der Garten ist so schön. Schau dir mal dagegen unseren Schulgarte­n an“, forderten sie ihn auf. Gesagt – getan. Kelbassa besuchte die Gustav-Stresemann-Schule in Beeck und blieb nach Verhandlun­gen mit der Stadt als Gartenpate da. „Nun sind es bereits zwölf Jahre Ehrenamt“, fasst der gebürtige Bottroper zusammen. Der Garten blüht und bringt seitdem Obst, Gemüse und Kräuter den Kindern der Schule näher.

Eilig scheint sich die kleine Honigbiene einen Unterschlu­pf im Bienenhote­l zu suchen. Denn jetzt wird’s laut. Da kommen Zera (11), Julius (11), Marco (13) und Fabian (11) angerausch­t. „Hallo, Herr Kelbassa!“, rufen sie schon von weitem. Völlig aus der Puste, bleiben sie vor ihm stehen. „Ich habe mich so beeilt, um schnell bei ihnen zu sein“, keucht Zera. Doch Rudolf Kelbassa lässt keine Zeit zum Ankommen. Schließlic­h ist die großen Pause nur 20 Minuten lang. „Holt mal schnell den Dreikant“, sagt er, und schon stürmen die Schüler los in den Geräteschu­ppen. Denn mit Gartenge- räten kennen sie sich aus.

„Was die Kinder hier lernen, ist fürs Leben“, sagt der gelernte Schiffbaue­r. Zeit seines eigenen Lebens war er unterwegs auf Rhein und Ruhr „und vielen anderen Wasserstra­ßen“. Stillstand ist nichts für Kelbassa. Sein Wissen will er weitergebe­n, den Kindern „die Köpfe füllen“, wie er so schön sagt. Woher kommen Obst und Gemüse? Welche Kräuter geben die Würze im Essen, und woraus sind Marmeladen und Honig gemacht? Im Bauwagen hat der 75-Jährige ganze Samensamml­ungen und im Garten stehen sogar Seltenheit­en wie Bananensta­uden oder Eukalyptus. „Den fressen sogar die Koalas aus dem Zoo“, lacht Kelbassa, der es selbst kaum glauben kann, dass in seinem Garten schmackhaf­ter Eukalyptus wächst. Vielfalt im Garten: „Für die Kinder zum Anpflanzen und Lernen“, sagt er. Und die Kinder kommen gerne in die kleine Oase. „Jeder hat sein eigenes Beet. Und das ist meins“, zeigt Zera stolz ihr Terrain. Zera

kennt sich aus bei Obst und Gemüse. „Aber das ist nicht bei allen so“, weiß Kelbassa.

Regelmäßig im Herbst geht er mit einigen Kindern auf den Obstwiesen Äpfel pflücken. Ein Mädchen freute sich einmal besonders über die Ernte und sagte: „Ich habe heute meinen ersten Apfel gepflückt“. „Es ist erschrecke­nd, festzustel­len, wie weit sich die Kinder von der Natur entfernt haben“, schoss es Kelbassa bei dem Erlebnis durch den Kopf. Wo kommt Zucker her? Wo gibt es Salz? „Die meisten Schüler finden darauf eher keine Antwort.“

Und so erscheint den Kindern ihr kleines Erdreich wie ein Wunder der Natur, und sie sorgen gerne für das Fleckchen Erde mit Ertrag. „Morgen kommen wir wieder“, rufen sie ihrem Gartenpate­n zu, bevor sie in den Unterricht zurückeile­n.

 ?? FOTO: MICHAEL DAHLKE ?? Rudolf Kelbassa (v.l.), Pate des Schulgarte­ns an der Gustav-Stresemann-Realschule, hat mit Marco (13), Julius (11) und Zera (12) ein Hochbeet für den Garten angelegt.
FOTO: MICHAEL DAHLKE Rudolf Kelbassa (v.l.), Pate des Schulgarte­ns an der Gustav-Stresemann-Realschule, hat mit Marco (13), Julius (11) und Zera (12) ein Hochbeet für den Garten angelegt.

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