Rheinische Post Duisburg

Die Hölle sind immer noch die anderen

- VON INGO HODDICK

Drei Personen sind zusammenge­sperrt in einem Raum. Das grelle Licht lässt sich nicht löschen, die Tür nur von außen öffnen, außerdem ist es ziemlich heiß. Alle drei sind tot, gestorben: Garcin, der ein Held sein will, Inès, die auf Frauen steht, und Estelle, die zu jung geheiratet hat. Sie sind verdammt, sich auf ewig gegenseiti­g zu quälen. Zunächst sieht es so aus, als wäre dies die Hölle im christlich­en Sinn – zumal sich später herausstel­lt, dass alle drei im Leben große Schuld auf sich geladen haben. Doch es fehlen Feuer und Folterknec­hte, die der landläufig­en Vorstellun­g von einer Hölle entspreche­n würden – es geht vielmehr darum, dass Selbsttäus­chung und Unaufricht­igkeit den anderen gegenüber hier nicht mehr funktionie­ren. Der berühmte Schlüssel-Satz lautet: „…die Hölle, das sind die anderen.“

Das ist „Geschlosse­ne Gesellscha­ft“, ein Einakter von Jean-Paul Sartre, der französisc­he Originalti­tel „Huis clos“bedeutet eigentlich „Unter Ausschluss der Öffentlich­keit“. Jetzt gab der „Spieltrieb“-Jugendclub am Theater Duisburg als seine 55. Produktion eine sensatione­lle Premiere im ausverkauf­ten Opernfoyer des Hauses. Das eigentlich hintere Ende des Raumes wird mit Vorhängen zu einer klaustroph­obischen Bühne, das Publikum sitzt gegenüber auf einer Tribüne. Vor allem aber bringt die Inszenieru­ng und Beleuchtun­g von Tim Zielke das 75 Jahre junge Stück mühelos in die Gegenwart. Die Figuren bewegen sich wie überdrehte Roboter, lassen die absurde Komik der düsteren Handlung treffsiche­r hervortret­en. Das ist auch ein Verdienst der drei perfekt passenden Darsteller. Wenn Lennart Klappstein als finsterer Darcin seinen ausgestrec­kten Zeigefinge­r wackeln lässt, bleibt kein Auge trocken. Emma Stratmann gibt als Inès die witzige Kampflesbe und Sarah Steinbach lässt als Estelle die menschlich­e Verzweiflu­ng hinter der Tussi-Fassade aufleuchte­n.

Gut übrigens, dass im Programmhe­ft Sartres kurzer Erklär-Text zu „Geschlosse­ne Gesellscha­ft“abgedruckt ist. Mit „Hölle“und „tot“meinte der Autor, dass Menschen zu sehr von den Urteilen Anderer abhängig beziehungs­weise in den eigenen Gewohnheit­en gefangen sind. Damit wollte er uns den Weg zur wahren Freiheit weisen, indem wir unsere Handlungen verändern.

Diese gut 70 Minuten muss man unbedingt erlebt haben. Die weiteren Vorstellun­gen sind am 11., 15., 18. und 27. Juni, jeweils um 19.30 Uhr. Karten zu 13 Euro gibt es am einfachste­n per Mail an karten@theater-duisburg.de.

 ?? FOTO: SASCHA KREKLAU ?? Der Spieltrieb zeigte „Geschlosse­ne Gesellscha­ft“.
FOTO: SASCHA KREKLAU Der Spieltrieb zeigte „Geschlosse­ne Gesellscha­ft“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany