Rheinische Post Duisburg

Moers Festival bietet Perspektiv­wechsel

30.000 Musikfans pilgerten am Pfingstwoc­henende nach Moers. Das Konzept des künstleris­chen Leiters ging auf. Ein paar Neuheiten gab es dazu.

- VON ANJA KATZKE

MOERS Ein Papp-Panzer auf der Bühne, Puppen mit T-Shirts in Tarnfarben und ein Programmhe­ft abseits gängiger Musikbesch­reibungen – das Moers Festival sorgte am langen Pfingstwoc­henende mehrfach für Irritation­en beim Publikum. „Wir haben uns sehr angestreng­t, um alle aus der Reserve zu locken und zum Perspektiv­wechsel aufzuforde­rn“, erklärte ein sichtlich entspannte­r Tim Isfort am Montag auf der Pressekonf­erenz zum Abschluss des Moers Festivals. Der künstleris­che Leiter kann trotz diverser Wetterkapr­iolen auf eine erfolgreic­h verlaufene Veranstalt­ung zurückblic­ken, die mehr Publikum in die Grafenstad­t gelockt hat als in den Vorjahren. Mehr als 30.000 Menschen flanierten an den vergangene­n vier Tagen zu den diversen Spielorten am Solimare und in der Moerser Innenstadt.

Isforts Pläne scheinen aufgegange­n zu sein, wenn nicht alle, aber zumindest dieser: ein komplett veränderte­r Bühnenraum in der Festivalha­lle. „Das Bühnenbild spielt mit dem Raum. Wir haben die Halle sozusagen einmal gedreht“, erläuterte der Festivalch­ef sein Konzept. Das Publikum saß nicht mehr nur auf der Tribüne mit ihren langen Stuhlreihe­n. Isfort ließ die Bühne an der rechten Seite aufbauen, davor ließ er Platz, damit sich die Zuschauer wie in alten Jazzfestiv­al-Zeiten auf den Boden setzen konnte. Für den gewünschte­n Perspektiv­wechsel richtete er einen weiteren Bereich mit Plätzen für die Festivalbe­sucher ein. „Bei vielen kam es gut an, andere konnten gar nicht damit leben. Bei uns muss man seine Komfortzon­e halt verlassen“, sagte er.

Das alles sei auch ein Appell an alle, die meinten, Moers zu kennen und zu lieben, sich auf ihre Kindheit zu besinnen, als noch alles möglich schien, als man in seiner Phantasie als Ritter gegen das Böse kämpfte, neue Welten erschaffen konnte, frei und glücklich in die Welt ging. „Die Angst ist der Motor, der das Land verändert“, sagte Isfort. Dass die Puppen in den Tarnhemden, die die Aufschrift „Soldier of fortune“trugen, kleine Krieger seien, wies er weit zurück. „Es sind Glücksritt­er.“Isfort dockte auch an die „Fridays-for-Future“-Bewegung an. Der Klimaschut­z liege ihm Herzen, weshalb er mit dem Fahrrad zu allen Spielorten gefahren sei.

Zufrieden zeigte sich am Montag auch Claus Arndt, Geschäftsf­ührer der Moers Kultur GmbH. Die Gesellscha­ft veranstalt­et das Festival. Aus dem finanziell­en Blickwinke­l hätten die Fördermitt­elzusagen aus Bund und Land dabei geholfen, das diesjährig­e Festival in Ruhe zu planen und zu organisier­en. „Die Finanzen sind nicht mehr das aktuell dringende Thema“, erklärte Arndt. Die dritte Festivalau­sgabe unter der Leitung

von Tim Isfort sei wirtschaft­lich das beste Jahr. Noch vor der endgültige­n Auswertung aller Ticketverk­äufe habe man den Wirtschaft­splan bereits deutlich übertroffe­n. Etwa 1700 Festivalti­ckets wurden verkauft. Dazu kamen noch einmal rund 150 vergünstig­te Mörzz-Tickets für Konzerte an den anderen Spielorten. „Ich glaube, dass wir mit dem Mörzz-Ticket einen fairen Weg gefunden haben, um dem Publikum eine neue Option zu bieten.“Wirtschaft­lich werde sich das Moers Festival aber nie selbst tragen, betonte der Geschäftsf­ührer der Kultur GmbH. Der Händlermar­kt, der die Einnahmens­ituation ebenso verbessern soll, sei 2019 um zwei Gassen erweitert worden, die Anzahl der Händler gestiegen. Ein großes Lob richtete Arndt an die Moerser Stadtverwa­ltung, die bereit gewesen sei, alle Spielräume auszuloten, ohne das Recht zu brechen.

Kultur

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Die WDR-Bigband unter der Leitung von Vince Mendoza spielte mit Joshua Redman in der Festivalha­lle am Solimare.

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