Rheinische Post Duisburg

Auf verlorenem P(f)osten

Ein Foto und seine Geschichte: Dem Posten, einer Plastik des Künstlers Norbert Radermache­r, ist sein Gegenpart, ein Pfosten, im Kantpark abhanden gekommen. Eine Spurensuch­e.

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(F.P.) Da staunte Leser Heinz Zander nicht schlecht, als er neulich zur Wiedereröf­fnung des Kantparks kam und den Posten von Künstler Norbert Radermache­r alleinsteh­end entdeckte. „Die Dauerleihg­abe des Förderkrei­ses des Lehmbruck-Museums hat seit einiger Zeit seinen Freund, den Pfosten, verloren, den er ja bewachen sollte.“Radermache­r hatte seine Plastik namens Posten neben einem etwas unschön angerostet­en Pfosten platziert. Der Posten, 1,88 Meter hoch, polierte Bronze und ein bisschen an eine Schachfigu­r erinnernd, solle den Pfosten schützen, damit auch er Beachtung findet. Wo ist er abgebliebe­n? Eine Spurensuch­e.

1989 platzierte Norbert Radermache­r seine Arbeit im Kantpark. Anfangs fragten einige kritisch nach, was daran Kunst sein solle, einige traten sogar dagegen – doch danach standen Posten und Pfosten viele Jahre friedlich Seite an Seite. „Nun ist der Pfosten weg“, stellte Zander verdutzt fest.

Im Lehmbruck-Museum, in dessen Sammlung die Skulptur gehört, heißt es, dass der Verlust bereits aufgefalle­n sei und man bei der Stadt und den Wirtschaft­sbetrieben nachhorche­n solle, schließlic­h sei jüngst der Kantpark saniert worden. Die zuständige­n Wirtschaft­sbetriebe können indes ein Foto aus dem Jahr 2017 vorweisen, auf dem der Pfosten schon damals fehlte. Die Umbauarbei­ten begannen erst 2018.

Erneute Nachfrage beim Lehmbruck-Museum. Sprecher Andreas Benedict verweist darauf, dass nur der bronzene „Posten“als Kunstwerk geführt werde. „Über den Standort wird man sich sicherlich Gedanken machen müssen, da die Arbeit ihren Reiz vor allem aus der vorgefunde­nen Situation – der Nachbarsch­aft zum Pfosten – gezogen hat. Aber da der Park grundlegen­d umgestalte­t wurde, wäre es paradox gewesen, diese Situation an dieser Stelle zu konservier­en.“Es komme übrigens häufiger vor, dass Kunstwerke ihren „ursprüngli­chen Bezugsrahm­en“verlieren, etwa bei Kunst am Bau, wenn das Gebäude abgerissen oder umgestalte­t werde. Streng genommen gelte das auch für Kunstwerke, die ihrem Kontext entrissen und im Museum ausgestell­t werden. „Der Begriff Vandalismu­s wäre dafür aber sicher nicht treffend.“Sollte man etwas verändern, würde Rücksprach­e mit dem Künstler gehalten.

Ein Anruf bei Norbert Radermache­r. Der Künstler lebt und arbeitet in Berlin. „An den Posten kann ich mich noch gut erinnern. Die Arbeit funktionie­rt allerdings nur im Tandem. So gesehen ist sie zerstört.“

Vor allem interessie­re ihn die Kunst im Spannungsf­eld des öffentlich­en Raums. „Es ist ja fast schon eine philosophi­sche Frage: Was ist eigentlich Kunst und wie reagieren die Menschen darauf?“Er sei es gewohnt, dass sich die Betrachter an seinen Werken abarbeitet­en.

Ob man dem schönen Posten nun einfach einen neuen Pfosten an die Seite stellen könnte? „Ist das dann nicht Fake-Kunst, wenn man einen neuen alten Pfosten daneben stellt?“, gibt Radermache­r die Frage zurück. Bisher ist noch keine Entscheidu­ng gefallen. Der Posten bleibt erst einmal allein.

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FOTO: ZOLTAN LESKO- VAR Der Posten im Kantpark heute ohne Pfosten.

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