Auf der Suche nach Sehnsuchtsorten
Am Sonntag wird im Kultur- und Stadthistorischen Museum die Ausstellung „Sagenumwoben! Goldstädte, Paradiesorte und ferne Welten“eröffnet.
Kolumbus konnte Zeit seines Lebens nicht akzeptieren, dass er sich gründlich geirrt hatte – und das bei einer Tat, die ihn weltberühmt gemacht hat: die Entdeckung Amerikas. Bekanntlich wollte Kolumbus einen neuen Seeweg nach Asien finden. Und als er 1492 in Amerika an Land ging, glaubte er, in Indien angelangt zu sein. Und dort, so hoffte er, würde er auch El Dorado finden, ein Ort, wo man Gold in Hülle und Fülle ohne Weiteres einsammeln könne. Leider gibt es einen solchen Ort nicht. El Dorado existiert nur in der Phantasie der Menschen. Zu einer Entdeckungstour zu menschlichen Sehnsuchtsorten lädt die neue Ausstellung im Kultur- und Stadthistorischen Museum ein. Die Schau trägt den verheißungsvollen Titel: „Sagenumwoben! Goldstädte. Paradiesorte und ferne Welten.“
Anlass für die Ausstellung ist die berühmte Seekarte von Gerhard Mercator „Ad usum navigantium“(zum Gebrauch für die Seefahrt), die vor 450 Jahren zum ersten Mal publiziert wurde. Diese Karte hat vermutlich Tausenden das Leben gerettet, weil sie – mit Hilfe der Mercator-Projektion – ein genaues Navigieren auf See möglich machte und verhinderte, dass Schiffe vom Kurs abkamen. Heute ist man erstaunt darüber, wie genau Mercator zu seiner Zeit die Welt schon gezeichnet hatte. Gleichwohl gab es im Jahr 1569 noch viele „terra incognita“, wie man an einigen Zeichnungen, die Mercator auf seine Karte gesetzt hatte, erkennen kann. Die Karte und die zum Teil kuriosen Zeichnungen von Ungeheuern brachten die wissenschaftliche Volontärin Frauke Berndt auf die Idee zur „Sagenumwoben“-Ausstellung, die sich hervorragend in das Themenmotto des Museumsnetzwerks Kulturraum Niederrhein einfügt, das „Neuland“heißt.
Die Ausstellung macht mit insgesamt neun sagenumwobenen Orten bekannt. Neben Texttafeln und großformatigen Gemälde-Repliken werden in Vitrinen rund 90 Ausstellungsstücke aus der eigenen Museumssammlung (einschließlich der Sammlung Köhler-Osbahr) und anderer Leihgeber aus Bonn, Köln und Münster gezeigt.
Man lernt beim Rundgang beispielsweise die Suche nach dem Garten Eden kennen, den man jahrhundertelang im Osten vermutet hatte (von uns aus gesehen). Bekanntlich wurde das Paradies dort nicht gefunden. Im Gegensatz zu Troja, der Stadt, die Homer in seiner „Ilias“beschrieben hatte. Der deutsche Kaufmann Heinrich Schliemann, den viele für einen Spinner hielten, fand bekanntlich Überreste einer antiken Stadt, die man fortan mit Troja identifiziert.
Der Nordpol als Reich des Todes, Timbuktu als vermeintliche Goldstadt in Afrika, Australien als Terra incognita und geheimnisvoller Kontinent im Süden oder auch die immer wieder vergeblich gesuchten Nilquellen sind weitere Themen der Ausstellung.
Ein besonderes Kapitel ist dem Ort Shambhala in Tibet gewidmet. Der Ort ist Bestandteil der hinduistisch-buddhistischen Vorstellungswelt. Im 19. Jahrhundert sahen europäische Esoteriker hier einen Ort des Glücks und der Weisheit. Die Nazis sahen es anders: Sie wollten dort den Ursprung der „Arier“erkennen. Die Ausstellung zeigt ein Foto des „Rassekundlers“und SS-Mannes Bruno Beger (1911 bis 2009), der nach dem Krieg des Mordes in 86 Fällen schuldig gesprochen wurde, beim Vermessen des Kopfes eines Tibeters.