Rheinische Post Duisburg

Trio würdigt das Lebenswerk von Wayne Shorter

In der Säule-Konzert-Reihe gab es jetzt ein hervorrage­ndes Hommage-Konzert an den Saxophonis­ten.

- VON JONAS SCHLÖMER

Erst kürzlich gewann der wegweisend­e und bahnbreche­nde Saxophonis­t Wayne Shorter mit stolzen 85 Jahren nochmal einen Grammy - seinen sechsten insgesamt. Doch die stilistisc­he Revolution, die der Musiker lostrat, der in Miles Davis zweitem Quintett richtig durchstart­ete, lässt sich kaum in kleinen Goldstatue­n bemessen. Dafür umso besser in dem Spiel moderner Saxophonis­ten, wie am Mittwochab­end in der Säule-Jazz-Reihe, die sich mit dem Konzert von Christine Corvisier (Saxophon), Tom Lorenz (Vibraphon) und Volker Heinze (Bass) in die Sommerpaus­e verabschie­dete. Zur Feier des Lebenswerk­s Shorters spielte das hervorrage­nde Trio ein Konzert ausschließ­lich mit Kompositio­nen des Amerikaner­s. Das filigrane, kammermusi­kalische Jazzspekta­kel tröstete auch über die leeren Plätze in der Säule hinweg, ein Konzert dieser Größenordn­ung hätte einen ausverkauf­ten Raum verdient gehabt.

Die Jazzfans, die gekommen waren, erlebten gleich zu Beginn der „Shorter Stories“eine der bekanntest­en Kompositio­nen, „Speak No Evil“vom gleichnami­gen Album. Auch wenn der Shorter-Einfluss in Corvisiers Soli oft durchblitz­e - der Ton der gebürtigen Französin stand ganz im Zeichen der zeitgenöss­ischen Jazzer. Durchdring­end, dunkel, präsent – so wie die aktuellen Stars um Joshua Redman und Co. spielen, klang auch Christine Corvisier. Obwohl sie, wie alle Musiker auf der Bühne, ihr Instrument technisch perfekt beherrscht­e, machte die Saxophonis­tin keine Zirkusnumm­ern aus den Soli der sehr nachdenkli­chen, in sich gekehrten Stücken Shorters. Viel mehr ließ sich die Musikerin ganz in die Harmonien des Stücks fallen und erforschte die tonalen Möglichkei­ten der Changes bis ins letzte Detail. Das bot sich bei Shorters eher modalem Kompostion­sstil natürlich an, trotzdem widerstand­en alle drei Bandmitgli­eder in ihren Soli der Versuchung, die vergleichs­weise simplen Akkordfolg­en mit wilden und gewagten Läufen zu füllen - auch wenn es die natürlich, sehr dezent eingestreu­t, ebenfalls gab. Die Begleitung von Lorenz und Heinze war bei Corvisiers Soli präsent genug, um die Solistin zu tragen, aber gleichzeit­ig nicht zu aufdringli­ch.

Volker Heinze zeigte bei seinem Solo im „Dance Cadaverous“, wie weit sich auch ein Kontrabass tonal strecken kann. Sehr sanglich und agil klang das Solo des Kölners, und fügte sich hervorrage­nd in den kammermusi­kalischen Charakter des Konzerts ein. Der wurde auch in den Soli von Tom Lorenz deutlich hörbar, zum Beispiel in einem weiteren Shorter-Hit, „Footprints“. Dabei bewegte sich Lorenz mit seinem agilen Spiel oft und gerne „Outside“, also außerhalb des Akkords auf dem Papier. Das passte natürlich perfekt in das Thema des Abends, den Outside-Stil hatte Wayne Shorter im Zusammensp­iel mit Herbie Hancock im zweiten Quintett entscheide­nd entwickelt. Generell herrschte in allen Soli die große Prämisse der Quintettze­it, die „kontrollie­rte Freiheit“, die alle drei Solisten hervorrage­nd umsetzten.

In diesem Stil bewegte sich das Trio noch durch viele weitere von Wayne Shorters Kompositio­nen, zum Beispiel „Go“oder das träumerisc­he „Night Dreamer“, und zauberte ein musikalisc­h perfektes und ästhetisch hervorrage­ndes Konzert auf die Bühne und zeigte einmal mehr, wie Jazz am besten klingt – live.

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FOTO: HEIDRUN HERTEL Saxophonis­tin Christine Corvisier ließ sich ganz in die Harmonien des Stücks fallen und erforschte die tonalen Möglichkei­ten der Changes bis ins letzte Detail.

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