Spargelbauern fehlen die Erntehelfer
Die Coronakrise hat auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Neben den Lebensmittel-Discountern erleben Hofläden einen starken Kundenandrang. Spargelbauern hingegen stehen vor einer schweren Herausforderung.
SÜDEN Der Paschenhof von Familie Leuchtenberg in Neukirchen-Vluyn hat über Facebook eine Botschaft gepostet: „Auch wenn Milch und Eier überall ausverkauft sind. Wir haben genug. Einfach melden. Eure Landwirte.“Franka Leuchtenberg erlebt mit ihrem Mann Johannes einen nie dagewesenen Andrang. „Da werden eben mal zehn Pakete Eier gekauft“, so ihre Beobachtungen. Frische Milch liefert der Milchbetrieb täglich für die Zapfstelle im Holzhäuschen nach. Stark nachgefragt werden im Automaten dauerhafte Lebensmittel wie Schwarzbrot, Käse und Wurst in Weckgläsern, sogenante Glaskonserven. „Wir können immer nachlegen, solange es für uns produzierende Bauern gibt“, so Franka Leuchtenberg. Doch die Sorge spielt immer mit. „In unseren Zulieferbetrieben darf es keinen Corona-Fall in der Mitarbeiterschaft geben. Der Betrieb setzt dann aus.“
Leuchtenberg erlebt derzeit einiges. „Eltern kommen mit ihren Kindern zum Einkaufen. Das ist wie ein kleiner Ausflug und bringt Abwechslung.“Familie Fechner vom Schwafheimer Hofladen gehört auch zu denjenigen, die wie ein Fels in der Brandung die Lebensmittelversorgung sichern. Sie bieten nicht nur ausreichend regionale Lebensmittel an, sondern zusätzlich ab sofort einen kostenfreien Lieferservice innerhalb von Schwafheim. „Die Idee kam uns, um zunächst unsere treue ältere Kundschaft zu versorgen, die jetzt ungern das Haus verlassen will“, sagt Petra Wessels (41). „Wir haben genügend regionale Produkte, wie auch aus eigenem Anbau Kartoffeln.“Zusammen mit Henrik Fechner (40) und dem Team managt sie den Verkauf. „Wir haben eine 14-tägige Rotation mit unseren Mitarbeitern vereinbart, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren und die Lebensmittelverfügbarkeit zu gewährleisten“, sagt Petra Wessels. Bestellungen können per Mail unter fechnerhof@gmx.de oder auf Band unter 02841 30495 (Adresse und Telefonnummer nicht vergessen) aufgegeben werden.
Vor gänzlich anderen Herausforderungen stehen derzeit die Spargelbauern. Ihnen fehlen die Erntehelfer aus Polen und Rumänien. Das
Edelgemüse steht nach dem milden Winter in den Startlöchern, dann die Erdbeeren. „Wenn wir jetzt die Folien auf die Dämme legen, könnten wir in 14 Tagen mit der ersten Ernte beginnen“, sagt Dirk Buchmann, der zusammen mit seiner Frau Petra den Schulte-Drevenacks-Hof betreibt. Aktuell macht der zu nasse Untergrund Probleme für die landwirtschaftlichen Fahrzeuge. „Wir sind nervös. Ob unsere Erntehelfer kommen können, wissen wir in der derzeitigen Situation nicht. Für uns beginnen harte Zeiten und existenzielle Sorgen. Kein weiß, wie es weitergeht“, so Buchmann. Die Grenzen sind geschlossen, es gelten scharfe Ein- und Ausreiseregeln. Kämen polnische Erntehelfer, führen sie zum Osterfest zurück „und kämen bei der Einreise nach Deutschland dann in eine 14-tägige Quarantäne. Die Unsicherheit bei unseren
Leuten in Polen und Rumänien ist groß. Sie informieren sich über die sozialen Medien“, so Buchmann.
Spargelbauer Jürgen Schaumlöffel vom Ellerhof in Duisburg will dem Ganzen mit Ruhe und einer Prise Humor begegnen. „Wir befinden uns zur Fastenzeit im Überraschungsstatus“, so Schaumlöffel,
der in der Saison ab Hof verkauft und im Juli nochmals mit Bohnen vom Feld die Kunden versorgt. Ob und wie die Spargelernte anlaufen könnte, ist unklar. „Die Saison dauert bis Mitte Juni. Wir können nur abwarten und auf die getroffenen Maßnahmen vertrauen“, so Schaumlöffel.
Die umfänglichen Folgen schildert Roman Merkewitsch vom Spargelhof Schippers in Veen. Zur Zeit haben bereits 90 Prozent der Reisebusveranstalter die Touren zum Veener Spargelzelt abgesagt. Abgesagt sind auch Familienfeiern. „Wir haben für unseren Gastro-Betrieb Bestellungen storniert oder nach hinten verschoben. Gleichzeitig beliefern wir die Gastromonie mit Spargel. Bestellungen wurden abgesagt. Die Saison in unserem Spargelzeit können wir völlig vergessen. Die gesamte Achse Gastronomie gibt es nach aktuellem Stand nicht mehr“, so Merkewitsch. „Alles bricht bei uns zur Zeit weg. Als reiner Spargelbetrieb haben wir ohne unsere Saisonkräfte keine Alternative. Es ist einfach alles zappenduster. Ich bete“, so Merkewitsch. Kleiner Trost: Verbleibende Mitarbeiter wollen zum Spargelstechen mit aufs Feld gehen.