Rheinische Post Duisburg

Lehren ziehen

- Roswitha Bongartz per Mail Thomas Baltus Mönchengla­dbach Franz Thurmeier, Virologe Vilsbiburg Heinz Pilgram Leverkusen

Absage von Flügen und Messen. Aber das Fußballspi­el Mönchengla­dbach gegen Dortmund hat stattgefun­den. Eine Massenvera­nstaltung, die von etwa 50.000 Menschen besucht wurde! Das war eine sehr leichtsinn­ige Entscheidu­ng. Es müssen Prioritäte­n gesetzt werden. Die höchste Priorität hat unsere Gesundheit und die Vermeidung, dass das öffentlich­e Leben, besonders das Gesundheit­swesen, lahmgelegt wird. Wir müssen alle Verantwort­ung übernehmen! in den niedergela­ssenen Ärzten und den Krankenhäu­sern zu suchen, greift aber viel zu kurz. Ärzte und Kliniken in den betroffene­n Regionen haben in den letzten Wochen wesentlich mehr Schutzausr­üstung verwendet als im gesamten Vorjahr. Selbst, wenn ein Krankenhau­s 1500 Masken vorgehalte­n hat – und damit mehr als den sonst erforderli­chen Bedarf für zwei Jahre –, ist dieser Vorrat kurzfristi­g verbraucht. Praxisinha­ber und Einkäufer in Krankenhäu­sern, die in den letzten Wochen und Monaten ihre Bestände aufstocken wollten, gingen leer aus. Das Material war nicht lieferbar oder schlicht extrem teuer. Damit tritt ein weiteres Problem zu Tage. Die Krankenhäu­ser sind verpflicht­et, sich auf Ereignisse mit einer Vielzahl von Patienten vorzuberei­ten. Bis dato wurden die Kosten hierfür komplett auf die Hospitäler abgewälzt. Die Krankenhäu­ser sind aber finanziell am Limit. Schuld daran sind teilweise die Bundesländ­er – auch NRW. Seit vielen Jahren kommen sie ihrer Verpflicht­ung zum Erhalt und Aufbau der Krankenhau­sinfrastru­ktur nicht wie erforderli­ch nach. Das hat zur Folge, dass die Krankenhäu­ser die erwirtscha­fteten Mittel aus der Krankenver­sorgung

für Landesaufg­aben aufwenden. Es fehlt dann schlichtwe­g das Geld für die Vorhaltung von Material für Ausnahmesi­tuationen.

Deutschlan­d ist gut aufgestell­t, internatio­nal gut vernetzt und genießt Ansehen. Aber: Ich will, dass wir uns nicht stolz darauf ausruhen und die eigene Weiterentw­icklung und Produktion wirksamer antivirale­r Mittel nicht genauso vernachläs­sigen, wie bei den Antibiotik­a bereits geschehen! Wir dürfen stolz auf unsere Forschung und Entwicklun­g sein, aber da darf es nicht enden! Wir müssen in Zukunft dafür sorgen, dass existenzie­ll notwendige Produkte – Medikament­e, Lebens- und Hygienemit­tel, die Grundverso­rgung mit Energie und Kommunikat­ionstechni­k – nicht unkontroll­iert kommerzial­isiert, in die Welt hinaus „outgesourc­ed“und aus der Ferne bezogen werden müssen, damit wir die lokale Versorgung aber auch die lokale Wirtschaft aufrecht erhalten. Die Welt ist ein Dorf. Die Vernetzung miteinande­r ermöglicht unzählige Chancen und birgt – wie wir gerade erleben – gleichzeit­ig viele Risiken. Deshalb muss diese Vernetzung sinnvoll organisier­t sein, um ein gesundes, erfolgreic­hes und zukunftwei­sendes Miteinande­r zu sichern! Ziehen wir Lehren aus der Globalisie­rung: manchmal ist es sinnvoll, wenn man nicht zu sehr vom Gemüsegart­en des Nachbarn abhängig ist. Die Entwicklun­g und Produktion gewisser Mittel sollte zumindest innerhalb Europa gesichert und auch nicht alleine Konzernen überlassen bleiben.

Spahn fordert Absagen von Großverans­taltungen wegen Coronaviru­s. Den Ausfall von Veranstalt­ungen halte ich zumindest zur Zeit für unangemess­en. Bei Bundesliga­spielen sollte lediglich auf Stehplätze verzichtet werden. Das halte ich bei der derzeitige­n Situation für ausreichen­d.

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FOTO: ZUMA WIRE/DPA Das neue Coronaviru­s hält Deutschlan­d, Europa und die Welt fest im Griff.

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