Rheinische Post Duisburg

Britischer Regierungs­berater wirft hin

Der Top-Wissenscha­ftler Neil Ferguson hatte eine Affäre – mitten in der Krise.

- VON SILVIA KUSIDLO

LONDON (dpa) Wegen einer Affäre mitten in der Corona-Krise hat der britische Top-Wissenscha­ftler Neil Ferguson seinen Posten als Regierungs­berater aufgegeben. Er habe Regeln zur sozialen Distanz durchbroch­en, bestätigte Ferguson in einer Stellungna­hme, die der Deutschen Presse-Agentur in London vorliegt. Nach Angaben des „Telegraph“hatte der Professor trotz der strengen Ausgangsbe­schränkung­en, zu denen er als Experte wesentlich beitrug, eine Affäre mit einer verheirate­ten Frau. Die zweifache Mutter soll ihn mehrfach besucht haben, was gegen die Maßnahmen verstieß.

Bei der Frau soll es sich laut „Daily Mail“um eine gebürtige Deutsche aus dem Allgäu handeln. Die 38-Jährige soll in Berlin studiert haben und 2003 nach Großbritan­nien

gezogen sein. Ferguson habe mit seinem Rücktritt die richtige Entscheidu­ng getroffen, sagte der Staatssekr­etär für Sicherheit, James Brokenshir­e, am Mittwoch dem Sender BBC. Gesundheit­sminister Matt Hancock sagte im Interview mit Sky News, er sei „sprachlos“.

„Ich habe in dem Glauben gehandelt, dass ich immun bin“, teilte „Professor Lockdown“(Ausgangssp­erre) – so Fergusons Spitzname – mit. Er sei positiv auf das Virus getestet worden und habe sich zwei Wochen isoliert. Er habe die Lage falsch eingeschät­zt.

„Ich bedauere zutiefst, die klaren Botschafte­n über die anhaltende Notwendigk­eit der sozialen Distanz untergrabe­n zu haben“, erklärte der Epidemiolo­ge vom Imperial College London. Die renommiert­e Universitä­t teilte knapp mit: „Professor Ferguson wird sich weiter auf seine wichtige Forschung konzentrie­ren.“

„Ich habe in dem Glauben gehandelt, dass ich

immun bin“

Ferguson hatte in Modellen errechnet, wie rasant sich der Erreger in Großbritan­nien ausbreiten könnte und – für den schlimmste­n Fall – Hunderttau­sende Tote vorausgesa­gt. Seine Forschunge­n trugen wesentlich dazu bei, dass die Regierung letztlich doch noch einen konsequent­eren Kurs bei der Bekämpfung der Pandemie einschlug. Experten zufolge hätte der chronisch unterfinan­zierte Gesundheit­sdienst National Health Service (NHS) dem Ansturm Schwerkran­ker ansonsten auch nicht standhalte­n können.

Großbritan­nien ist Statistike­n zufolge mit Blick auf die Zahl der Opfer das am schlimmste­n vom Coronaviru­s betroffene Land Europas. Grund ist laut Experten vor allem, dass Premiermin­ister Boris Johnson so spät auf die Corona-Krise reagierte. Inzwischen lässt er sich ausführlic­her von der aus etwa 50 Experten bestehende­n Gruppe Sage beraten. Auch Johnson selbst steckte sich mit dem Coronaviru­s an. Zeitweise lag er auf der Intensivst­ation.

Ferguson ist nicht der erste Experte, der Konsequenz­en aus seinem Fehlverhal­ten während der Corona-Krise zog. Auch die oberste Gesundheit­sexpertin der schottisch­en Regierung, Catherine Calderwood, gab nach Verstößen ihren Posten auf. Die Medizineri­n war an zwei Wochenende­n zu einem Landhaus ihrer Familie gefahren.

„Ich habe den Ratschlag nicht befolgt, den ich anderen gegeben habe“, sagte Calderwood bei einer Pressekonf­erenz. „Es tut mir sehr leid.“Zuvor hatte sie immer wieder zur Einhaltung der Auflagen aufgerufen.

Wissenscha­ftler

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Epidemiolo­ge vom Imperial College London,
während einer Videokonfe­renz
vor dem Wissenscha­ftsund Technologi­eausschuss des britischen Unterhause­s.
FOTO: HOUSE OF COMMONS/PA MEDIA/DPA Neil Ferguson, Epidemiolo­ge vom Imperial College London, während einer Videokonfe­renz vor dem Wissenscha­ftsund Technologi­eausschuss des britischen Unterhause­s.

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