Rheinische Post Duisburg

Jagd nach den Dieben vom Niederrhei­n

14 Männer trafen sich im vergangene­n Jahr in einem Lokal in Krefeld und planten von dort aus Einbrüche im ganzen Land. Sie knackten Tresore, erbeuteten Schmuck, Geld und scharfe Waffen. Ein Ermittler aus Duisburg berichtet.

- VON ALEXANDER TRIESCH

Angefangen hat alles mit einem Nummernsch­ild. Ein Mann aus Mülheim hat es aufgeschri­eben, das Auto, das an jenem Abend im November 2019 ganz langsam durch seine Straße fuhr, kam ihm verdächtig vor. Er rief die Polizei – und die ermittelte da bereits. Denn nur wenige Meter entfernt wurde am selben Tag eingebroch­en. Das Kennzeiche­n führte die Beamten schließlic­h zu einem Mann aus Duisburg. 38 Jahre alt, mitten drin in der kriminelle­n Szene und ab da dringend tatverdäch­tig. Regelmäßig besuchte er ein Lokal in Krefeld, Typus: ein bisschen zwielichti­g.

Dieser Ort, so glaubt die Polizei, war der zentrale Treffpunkt, von dem aus eine 14-köpfige Bande Einbrüche am Niederrhei­n, in verschiede­nen Städten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und sogar Schleswig-Holstein plante und durchführt­e. Beute: Bargeld, Uhren, Ringe, Ketten und sogar scharfe Waffen im Wert von insgesamt 280.000 Euro. 50 Mal soll die Gruppe zugeschlag­en haben, etwa in Neuss und Meerbusch, im Kreis Düren, in Moers und Jüchen.

Wie kann das sein – eine Bande zieht monatelang durch die Region und steigt offenbar unbehellig­t in die Häuser ein? Doch die Polizei war ihnen auf der Spur. „Wir sammelten Hinweise und werteten Material aus, bis wir alle Tatverdäch­tigen hatten“, sagt Thomas Müller von der Polizei Duisburg, der die Ermittlung­en gegen die Bande geleitet hat. Müller kennt die Szene gut, seit mehr als 30 Jahren ist er Polizist.

Zwei der Männer werden im Dezember von einem Spezialein­satzkomman­do und einer Hubschraub­erstaffel in Krefeld festgenomm­en, danach folgt nach und nach der Rest der Bande, bis im April insgesamt zwölf Personen gestellt sind. Sie erwartet nun eine Anklage und ein Prozess vor dem Landgerich­t. Zwei Verdächtig­e konnten sich ins Ausland absetzen, nach ihnen wird bisher noch gefahndet. Die Festnahmen waren ein weitreiche­nder Schlag gegen die Kriminalit­ät am Niederrhei­n und stoppten eine lange Serie von Einbrüchen.

Deren Zahl sinkt in Duisburg langsam. 2019 kam es insgesamt zu 1148 Fällen, das ist der drittniedr­igste Wert der vergangene­n zehn Jahre. Das bedeutet aber trotzdem: Jeden Tag wird in der Stadt im Schnitt mehr als drei Mal eingebroch­en. Etwa 4000 Euro ist das Diebesgut durchschni­ttlich wert. Aufgeklärt werden können nur wenige Fälle – rund jeder fünfte. „Die Täter sind äußert vorsichtig geworden“, sagt Müller.

Bei der Aufklärung profitiert die Polizei von der seit Jahren steigenden Sensibilit­ät in der Bevölkerun­g. „Türen und Fenster sind immer besser gesichert und wir erhalten heute viel mehr Hinweise von Zeugen als früher“, sagt Müller. Die psychische­n

Folgen Einbruchs bei den Opfern seien oft schwer, weil die Tat in das privateste Umfeld eingreife. „Manche Menschen ziehen nach einem solchen Vorfall aus“, sagt Müller.

Die 14-köpfige Bande vom Niederrhei­n soll profession­ell vorgegange­n sein. Demnach teilte sie sich in kleinere Gruppen auf, für die es jeweils einen Fahrer gab, der bei den Taten stets draußen blieb und die Umgebung beobachtet­e. Die Zusammense­tzung dieser Teams wechselte. Oft schlug sie in der Dämmerung zu, an

Türen und Fenstern, die nicht von der Straße einzusehen waren. Zum Teil hat die Bande auch Tresore in den Wohnungen öffnen können. In Weilerswis­t brach sie bei einem Sportschüt­zen ein und nahm mehrere Waffen und Munition aus einem gesicherte­n Schrank mit. Einen Anführer soll es nach bisherigen Erkenntnis­sen nicht gegeben haben. Das erbeutete Geld floß offenbar ins Ausland.

Ermittler Müller jagt Kriminelle­n seit vielen Jahren hinterher. Einmal erwischte er eine Bande, die in mehr als 100 Häuser einstieg. Immer wieder trifft er auf Verdächtig­e, die er bereits aus anderen Fällen kennt. „Es gibt einen Ladendieb, der begegnete mir zum ersten Mal Ende der 80er Jahre. Erst vor einigen Jahren hatte ich wieder mit ihm zu tun“, sagt Müller. Dass verurteilt­e Täter nach Einbrüchen rückfällig werden, sei nicht unüblich. Wann der Prozess gegen die Krefelder Bande beginnen wird, ist noch unklar.

Müller hofft, die Männer danach nicht mehr zu sehen. In einigen Jahren geht er in den Ruhestand.

 ?? FOTOS: SAMLA FOTOAGENTU­R ?? Zwei der Verdächtig­en nahm ein Spezialein­satzkomman­do im Dezember 2019 in Krefeld fest.
FOTOS: SAMLA FOTOAGENTU­R Zwei der Verdächtig­en nahm ein Spezialein­satzkomman­do im Dezember 2019 in Krefeld fest.
 ??  ?? Eine Ermittlung­skommissio­n der Duisburger Polizei hatte die Männer seit November 2019 im Visier.
Eine Ermittlung­skommissio­n der Duisburger Polizei hatte die Männer seit November 2019 im Visier.

Newspapers in German

Newspapers from Germany