Mehr oder weniger Abstand
Viertklässler halten sich mancherorts besser an die Regeln als Abiturienten.
GELDERN Vanessa Barney und Nele Fischer sind beeindruckt von ihren Viertklässlern: „Jedes Kind hat sich an die Vorgaben gehalten.“Barney und Fischer unterrichten an der Michael-Grundschule in Geldern und heißen an diesem Donnerstag erstmals seit mehr als sechs Wochen ihre Schüler willkommen. Die Kinder warten mit Masken auf dem Schulhof an markierten Plätzen. „Die haben das toll umgesetzt“, sagt Fischer. Auch den Mindestabstand von anderthalb Metern. „Jede Klasse ist in zwei Lerngruppen unterteilt. Pro Gruppe sind das maximal zwölf Kinder“, ergänzt Barney.
Da haben Viertklässler offenbar manch einem Gymnasiasten etwas voraus. „Nur in den Klassenräumen funktioniert die Abstandsregel“, sagt eine Lehrerin aus dem Rheinland, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sobald ihre Abiturienten den Raum verließen, sei die Abstandsregel vergessen. Anfangs sei sie noch eingeschritten. Sie habe aber schnell eingesehen, dass dies so gut wie zwecklos sei.
In NRW haben Gymnasien bisher nur für Abiturienten geöffnet, Grundschulen nur für Viertklässler. Doch ab Montag sollen tageweise wechselnd auch die Klassen eins bis drei wieder unterrichtet werden. Das bedeutet: pro Wochentag ein Jahrgang. Damit die Eltern wissen, wann ihre Kinder in der Schule sind, sollen die Schulen einen verbindlichen Plan erarbeiten.
Auch Haupt-, Real- und Sekundarschulen
öffnen ab Montag neben der Klasse 10 für ein bis zwei weitere Jahrgänge, die sich abwechseln sollen. Gymnasien und Gesamtschulen holen die Q1 ab Montag zurück in die Schule. Und bei ausreichenden Kapazitäten könnten weitere Jahrgänge hinzu kommen, heißt es in der jüngsten Schulmail. Spätestens ab 26. Mai sollen aber auch die restlichen Jahrgänge abwechselnd tageweise unterrichtet werden. Dabei dürfen wegen der Infektionsgefahr nicht mehrere Klassen hintereinander im selben Raum unterrichtet werden.
Lehrer warnen Eltern und Schüler vor allzu großen Hoffnungen: „Wir werden vorerst keine Normalität, sondern viele individuelle Lösungen erleben. Es darf keine falsche Erwartung geweckt werden“, sagte Stefan Behlau, Landesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE). Die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, rechnete vor, dass die meisten Schüler bis zu den Sommerferien höchstens sieben oder acht Tage die Schule von innen sehen würden. Die SPD im Landtag mahnt die Landesregierung, schon die Zeit nach den Sommerferien zu planen. „Wir werden auch im August noch weit entfernt sein von einem normalen Schulunterricht“, sagte Fraktionsvize Jochen Ott.