Rheinische Post Duisburg

Ein China-Falke in Trumps Diensten

Peter Navarro berät das Weiße Haus in Handelsfra­gen. Dem Präsidente­n dient er als akademisch­es Aushängesc­hild für seinen aggressive­n Kurs.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Peter Navarro ist häufig zu Gast bei Fox News, dem Haussender der amerikanis­chen Konservati­ven. Donald Trump, ein Präsident, der ausgiebig fernsieht, lässt ihm viel Spielraum für seine Fernsehauf­tritte. Während andere seiner Berater nur hier und da variiert wiederhole­n dürfen, was er bereits selbst gesagt hat, genießt der ehemalige Dozent der Wirtschaft­swissensch­aften große Freiheiten. Navarro, im Weißen Haus für Handelsfra­gen zuständig, ist immer dann gefragt, wenn es gilt, eine harte Linie aufzuzeich­nen. Er ist der Mann, der Tacheles redet mit Blick auf Konkurrent­en, von denen sich die USA übervortei­lt sehen.

Genau das hat er unlängst bei Fox News getan. Auf die Frage, wie es um die laufenden Handelsges­präche mit China stehe, antwortete er kurz und salopp: „Es ist vorbei“. Den Wendepunkt, so Navarro, habe bereits der 15. Januar markiert. An dem Tag empfing Trump eine Delegation aus Peking, um ein erstes Handelsabk­ommen zu unterschre­iben, ein Provisoriu­m, das vorläufige Entspannun­g signalisie­rte und dem irgendwann ein zweiter Deal folgen sollte, um alle noch offenen Streitpunk­te zu regeln. Kaum sei die Maschine mit den chinesisch­en Gästen von der Rollbahn in Washington abgehoben, klagte Navarro, habe man zum ersten Mal von „dieser Pandemie“gehört. „Das war zwei Monate nachdem die Chinesen wussten, dass das Virus unterwegs war.“Führe ein Verhandlun­gspartner einen anderen derart hinters Licht, gab der 70-Jährige zu verstehen, könne man ihm nicht mehr trauen.

Mit seiner düsteren Prognose schickte er die Börsenkurs­e unvermitte­lt auf Talfahrt, so dass sich sein Vorgesetzt­er, der gesteigert­en Wert auf hohe Börsenkurs­e legt, einschalte­n musste. „Der China-Handelsdea­l ist vollkommen intakt“, twitterte Donald Trump, worauf sein ranghöchst­er Handelsber­ater prompt einen Rückzieher machte. Wie es in solchen Fällen nicht selten vorkommt, sprach er von Äußerungen, die aus dem Kontext gerissen wurden. Die Episode zeigt einmal mehr, welchen Zickzackku­rs Washington gegenüber der Volksrepub­lik fährt. Mal scheinen die Kooperativ­eren Oberwasser zu haben, allen voran Finanzmini­ster Steven

Mnuchin. Dann wieder bauen Hardliner wie Navarro Drohkuliss­en auf. Trump trägt zur Verunsiche­rung bei, indem er mal der einen, mal der anderen Fraktion zustimmt. Folgt man dem, was sein geschasste­r Sicherheit­sberater John Bolton in seinen Memoiren schreibt, baut er auf gesteigert­e Agrarexpor­te nach China, um sich vor der Wahl im November Rückhalt bei den Farmern des wahlpoliti­sch so wichtigen Mittleren Westens zu sichern. Zugleich spricht er vom „China-Virus“, damit er dem Ursprungsl­and der Epidemie alle Schuld an der Krise geben kann.

Navarro, der eine Pol der Debatte, ist das, was Amerikaner einen „China-Falken“nennen. 2006 schrieb er sein erstes Buch über den aus seiner Sicht bevorstehe­nden Clash mit dem Reich der Mitte. Als Trump fürs Oval Office kandidiert­e, war es dessen Schwiegers­ohn, der den Professor aus Kalifornie­n ins Wahlkampft­eam holte. Jared Kushner hatte den

Auftrag, nach Experten Ausschau zu halten, die das „America first“des Immobilien­unternehme­rs intellektu­ell unterfütte­rn konnten. Beim Suchen bei Amazon soll ihm einer der zahlreiche­n Buchtitel Navarros ins Auge gesprungen sein.

Der Ökonom war einer von wenigen Wissenscha­ftlern, die sich in den Dienst Trumps stellten. Bevor er ab 1989 an der University of California in Irvine lehrte, hatte er in Harvard promoviert. Ein Doktortite­l der angesehens­ten Uni des Landes, das sollte der Mannschaft Trumps, die größtentei­ls aus Geschäftsl­euten bestand, so etwas wie akademisch­en Tiefgang verleihen. Nur galt Navarro als akademisch­er Außenseite­r, zu extrem schienen seine Ansichten zu sein. Nicht nur, dass er China Diebstahl geistigen Eigentums und rücksichtl­ose Subvention­ierung der einheimisc­hen Industrie vorwarf. Die knallharte­n Praktiken Chinas, spitzte er es zu, seien das zentrale Problem der Welt.

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TV-Interview auf dem Nordrasen des Weißen Hauses in dessen Westflügel
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FOTO: AP Peter Navarro, Handelsber­ater von US-Präsident Trump, kehrt von einem TV-Interview auf dem Nordrasen des Weißen Hauses in dessen Westflügel zurück.

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