Rheinische Post Duisburg

Wenig Weitsicht

- Jakobine Kempkens München Michael Kurth Düsseldorf Norbert Müsch Rees

Zu „Ein geschwächt­er Jubilar“(RP vom 25. Juni): Die Faktenaufz­ählung ungelöster Probleme in dem Artikel zum 75. Geburtstag der Weltorgani­sation UN in New York ist für mich eine Offenlegun­g zahlreiche­r Erfolglosi­gkeiten. Die Regierunge­n der 193 Mitgliedsl­änder müssen sich fragen, wozu die UNO überhaupt da ist. Solange das Vetorecht im aus fünf ständigen Mitglieder­n bestehende­n Sicherheit­srat besteht, wird die UNO machtlos sein. Generalsek­retär Antonio Guterres tritt da, wo ein Eingreifen der UNO erforderli­ch wäre, nur noch als Mahner an die betroffene­n Parteien auf; darauf kann die Welt verzichten. Das jüngste Beispiel für die Machtlosig­keit der UNO: Sie schaut zu, wie im Schatten der Corona-Pandemie Präsident Bolsonaro von Brasilien

Als gebürtige Niederrhei­nerin, die seit vielen Jahren in Bayern lebt, bin ich entsetzt und beschämt über die Ausgrenzun­g der Menschen aus den Landkreise­n Gütersloh und Warendorf durch Bayern und Meck-Pomm. Diese Stigmatisi­erung erinnert mich fatal an den Umgang mit Pest- und Lepra-Kranken im Mittelalte­r. Ein solches Vorgehen von Staats wegen im 21. Jahrhunder­t ist zutiefst inhuman und entspricht sicher nicht dem christlich­en Weltbild. Liebe NRW-ler: Fahrt ein Stückchen weiter nach Italien, dort werdet Ihr freundlich aufgenomme­n. Und erinnert Euch bei der Urlaubspla­nung nächstes Jahr daran, wer Euch jetzt nicht haben wollte. Aus Solidaritä­t werde ich meine geplante Reise nach Meck-Pomm stornieren, auch und gerade weil ich aus Bayern (einem vermeintli­ch ‚sauberen‘ Bundesland) anreise.

Was Politiker wirklich drauf haben, zeigt sich oft in der Krise. Und die Coronakris­e zeigt, dass es nur wenige Politiker gibt, die ein Gütesiegel verdient haben. Jedem waren die Arbeitsbed­ingungen, Wohnund Hygieneums­tände der in der Fleischind­ustrie tätigen Mitarbeite­r bekannt, nur unseren Politikern offenbar nicht. Wie immer in solchen Situatione­n hecheln sie jetzt den Ereignisse­n hinterher und können nur reagieren statt frühzeitig und weitsichti­g zu agieren. Warum hat man nicht schon im Februar oder März den möglichen „Brandherd“Fleischind­ustrie unter die Lupe genommen? Mal wieder hat die Politik viel Vertrauen verloren. Und meines Erachtens Laschet in erster Linie.

Zu „Höchste Zeit für weniger Fleisch“(RP 23. Juni): Es gibt nichts umsonst! Wollen wir Dinge billiger haben (Fleisch, Kleidung), muss jemand anderes teuer dafür bezahlen – entweder die Tiere mit Qualen und Tod, die Umwelt mit ihrer Zerstörung, der Arbeitnehm­er mit seiner Gesundheit oder alle zusammen. Wir haben uns angewöhnt, Wertschätz­ung für vieles nur zu entwickeln, wenn es einen „hohen“Preis hat, und in vielen Bereichen sind die Schäden leider nicht eingepreis­t. Arbeitsstr­ukturen zu Gunsten aller modifizier­en? Maßhalten oder gar verzichten? Bloß nicht, da fühlen wir uns in unserer Selbstbest­immung bedroht und sägen lieber weiter an dem Ast, auf dem wir sitzen.

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