„Der Todesstoß für unsere Branche“
Die neuen Maßnahmen sind da, ein zweiter Lockdown kommt. Was heißt das für Selbstständige? Ein Gastronom, eine Kosmetikerin und ein Fitnessstudio-Besitzer erzählen von Angst und dem letzten Funken Hoffnung.
Torsten Knaudt (53), Gastronom, Gasthaus „Riesling erleben“
„Im ersten Lockdown haben wir von unseren Reserven gelebt, für das zweite Mal konnten wir keine mehr aufbauen. Meine Frau und ich tauschen uns oft mit Kollegen aus und – vorsichtig geschätzt – kann es sein, dass ein Drittel der Gaststätten in Duisburg im Frühjahr 2021 nicht mehr da sein wird. Der zweite Lockdown ist der Todesstoß für unsere Branche. Für den Winter haben wir unserer Terrasse umgebaut, das wird erstmal umsonst gewesen sein. Vielleicht geht es im Dezember ja tatsächlich wieder weiter, aber alle Weihnachtsfeiern sind bereits storniert. Erst vorhin hat jemand angerufen, der abgesagt hat. Viele begründen das so: Man traut sich jetzt nicht mehr raus. Wir sind mit dem neuen Lockdown nicht einverstanden. Es ist etwas völlig anderes, ob man ein Restaurant mitten in der Düsseldorfer Altstadt oder hier am Stadtrand von Duisburg hat. Die Regeln sind aber dieselben. Gerade bereiten wir den Außer-Haus-Verkauf vor. Auf der Speisekarte haben wir Schmorbraten oder Gans – Essen also, dass sich viele zu Hause eher nicht selbst kochen werden. Wir haben Glück, dass wir viele treue Stammkunden haben, die oft zum Abholen vorbei kommen. Trotzdem ist der Umsatz in der Pandemie bis zu 50 Prozent eingebrochen. Wie das nächste Jahr werden wir, kann noch keiner sagen. Wir halten durch.
Astrid Rasel (59), Kosmetikerin Mein Herz hängt an diesem Laden hier. Ich arbeite seit fast 30 Jahren als medizinische Fußpflegerin, kümmere mich um die Füße und Hände meiner Kunden, feile Nägel, straffe Haut und entferne Haare. Ich bin Gott sei Dank ganz gut durch den Sommer gekommen, aber andere Kosmetikstudios sterben gerade. Den ersten Lockdown haben sie noch überstanden, der zweite wird sie viel härter treffen. Die Rücklagen werden knapp. Natürlich muss die Regierung etwas gegen die Verbreitung des Virus tun, es muss Maßnahmen geben, aber sie müssen überlegt sein. Ich halte mich in meinem Studio an die Regeln. Bei der Behandlung tragen sowohl der Kunde als auch ich eine Maske. Auch Sauberkeit ist wichtig. Es ist jetzt
Mittagspause und ich habe heute sicherlich 14 oder 15 Mal alle Oberflächen desinfiziert. Das Gesundheitsamt hat sich bei mir noch nie gemeldet, weil es hier eine Infektion gab oder ich einen Infizierten im Studio hatte. Warum soll ich schließen? Das ist völlig falsch. Jeder soll selbst entscheiden, ob er herkommen will. Viele meiner Kunden sind verunsichert. Einige sind schon älter, ich kann das verstehen. Heute hatte ich bereits vier Absagen. Manche rufen dann an und sagen, sie fühlen sich krank. Aber ich vermute, sie haben einfach Angst vor Kontakten. Ich hoffe, dass alles gut ausgehen wird, aber ich habe ein schlechtes Gefühl. Die Politik darf uns nicht im Stich lassen.
Michael Laios (61), Besitzer des „XXL Fitnesscenter Athlesis“
Ich bin nun seit fast elf Jahren Geschäftsführer des „XXL Fitnesscenter Athlesis“und mache diesen Job wirklich gerne. Aber die Pandemie stellt unser Geschäft komplett auf den Kopf, die Verluste sind bereits jetzt immens. Ich fürchte, eine erneute Schließung wird für mich und meine 40 Mitarbeiter nur schwer zu verkraften sein. Und sie wäre unfair. Da wird politisch ja gar nicht mehr differenziert. Wenn alle Sportstätten dicht gemacht werden, frage ich mich: Wie sollen sich eigentlich zwei Leute beim Tennis anstecken? Ein Spielfeld ist mehr als 20 Meter lang. Wir haben uns im Frühjahr dazu entschieden, den Kunden das Geld für die Monatsbeiträge durch Gutscheinen zu erstatten. Das tat weh, aber das sind wir ihnen schuldig. Wir haben auch trotz der Krise neue Geräte angeschafft, wir haben die Lüftungssysteme erneuert und – die Verluste aus der Pandemie eingerechnet – damit wohl eine halbe Million Euro verloren. Das muss man erst mal wieder reinholen. Seit die Zahlen in Duisburg so stark steigen, spüren wir einen deutlichen Rückgang bei den Besucherzahlen. Jetzt haben wir wieder rund 30 Prozent weniger Gäste als im Sommer. Hilfe vom Staat gibt es zu wenig. Auch wir haben die Soforthilfe erhalten. Aber 25.000 Euro, was bringt das denn überhaupt am Ende? Das war nichts weiter als ein Tropfen auf den heißen Stein.