Macrons neue Sachlichkeit
Emmanuel Macron hat sich wieder einmal neu erfunden. Erklärte der französische Präsident im März während der ersten Welle dem Coronavirus mit bebender Stimme noch den Krieg, versprach er im Juni fast überschwänglich die Rückkehr glücklicher Tage. Zu häufig hat sich Macron in der Corona-Krise zu wenig auf den Inhalt und zu sehr auf die dramatische Inszenierung seiner Botschaften konzentriert. Damit hat er bei den Franzosen sehr viel Vertrauen verspielt.
Nun hat der Staatschef den neuen Weg der Sachlichkeit eingeschlagen. Anstatt großer Worte gibt es Klartext. In der Manier eines preußischen Bahnhofsvorstehers legte er dem Volk in seiner Fernsehansprache einen Fahrplan aus der Corona-Krise vor. In drei Etappen soll das Land aus dem rigiden Corona-Lockdown geführt werden. Es wird kleine, vorsichtige Lockerungen geben, doch Macron mahnte immer wieder, dass auf Fortschritte auch Rückschritte folgen können.
Der Präsident will die deutlichen Erfolge im Kampf gegen das Virus nicht durch eine zu schnelle Öffnung zunichtemachen. Das ist eine Lehre aus der ersten Welle. Dafür nimmt Macron in Kauf, dass viele Franzosen durch seine Ansprache enttäuscht wurden. So hatten etwa die Restaurantbesitzer weitergehende Lockerungen erwartet. Darauf müssen sie bis mindestens Mitte Januar warten. Anders als im Frühjahr machte Macron auch deutlich, dass das Virus im Moment nicht besiegt, sondern nur eingedämmt werden kann. Das ist eine ernüchternde Erkenntnis, die viele Franzosen vor allem während der sorglosen Sommermonate fahrlässig verdrängt hatten. Hoffnung bringt in dieser Situation nur ein Impfstoff. Zumindest in diesem Fall konnte Emmanuel Macron seinen Landsleuten ein kleines Licht am Ende des langen Tunnels zeigen.
BERICHT FRANKREICH LOCKERT..., POLITIK