„Kein Recht auf sechsmal Schnitzel pro Woche“
GELDERN Anderen Menschen meine Art der Ernährung zu erklären, war immer super kompliziert und langwierig. Also habe ich überlegt, wie es einfacher ginge: Ich dachte mir die Bezeichnung „wilgane Ernährung“aus. Dahinter steckt eine überwiegend vegane Ernährung, in Kombination mit Wildfleisch aus den heimischen Wäldern, das ich oder jemand aus dem Familien- oder Freundeskreis geschossen hat.
Mein Vater ist Jäger und Fleischermeister, er weckte schon früh meine Begeisterung für die Natur. Er hat mich schon als kleines Kind mit auf den Hochsitz genommen. Ich bin in die Jagd reingewachsen. Nach dem Abitur habe ich meinen Jagdschein gemacht und wurde noch ein Dreivierteljahr bei jedem Ansitz von meinem Vater begleitet.
Wer einen Jagdschein macht, der besitzt eine Jagdausübungserlaubnis, ist aber noch lange kein echter Jäger. Es gehört mehr dazu als das Ablegen der Prüfungen. Das Zerlegen und Aufbereiten des Fleisches haben mich mein Großvater und Vater gelehrt – eine harte, aber liebevolle Schule. Wodurch ich das von mir erlegte Wild selbst verarbeiten kann. Ich jage von der Kugel bis zur Gabel.
Da Wildfleisch ein saisonales Produkt ist, schwankt mein Fleischkonsum. Außerdem verkaufen wir durch die hohe Nachfrage im Betrieb meines Vaters viel Fleisch. Dieses wird vorbereitet, in Portionsgrößen schockgefrostet und dann im Kühlhaus gelagert. Wenn ich meinen Konsum betrachte, esse ich nicht
Fee Brauwers (24) isst nur Fleisch, wenn sie das Tier selbst erlegt hat. Im Internet setzt sie sich für bewussten Fleischkonsum und Wälder ein.
öfter als dreimal pro Woche Fleisch.
Wenn wir die Aspekte Gesundheit, Ethik und Klima miteinander vereinen möchten, dann ist Wildfleisch das Optimum. Weder Futter, Wasser noch Nutzfläche wird benötigt. CO2-Emission, Transport und Tierhaltung entfallen vollständig. Auch anderes Fleisch ist gut für die Gesundheit und die Ernährung, wenn man es denn vernünftig macht. Das bedeutet: geregelter, maßvoller Konsum mit hochwertigem und regionalem Fleisch.
Es gibt kein Grundrecht darauf, sechsmal pro Woche Schnitzel zu essen, das würde ich auch niemandem empfehlen. Nach gutem Fleisch muss man einfach die Augen offen halten – ein örtlicher Metzger, ein Jäger, der Fleisch verkauft, ein Supermarkt, der Wildfleisch aus heimischen Wäldern im Sortiment hat. Gerade im Supermarkt sollte die Herkunft beachtet werden, denn die Konsumgiganten locken fast immer mit Gatterwild. Diese Tiere werden beispielsweise in Neuseeland in Ställen eingepfercht und gefüttert.
Es wäre schön, wenn wir wieder mehr über unseren Konsum nachdenken und beachten, dass dieser Konsequenzen nach sich zieht. Wenn ich ein Stück Fleisch essen möchte, muss dafür ein Tier sterben. Deshalb kann ich nicht begreifen, wie Leute Billigfleisch im Supermarkt kaufen, die Jagd aber missbilligen. Diese Menschen müssen verdrängen, wo es herkommt. Denn wenn man sich bewusst macht, dass das Stück Fleisch auf dem Teller mal gelebt hat und über dessen Vergangenheit nachdenkt – also hinsichtlich Tierwohl, Haltung und Klimaschutz – dann kann dieses Fleisch nicht guten Gewissens gegessen werden.
Während meines Forststudiums habe ich meinen Instagram-Account „jagd_fee“ins Leben gerufen. Am Anfang stand die Jagd im Mittelpunkt, jetzt geht es mehr um die Zukunft des Waldes. Ich möchte auch auf Missstände hinweisen. Es wird zu wenig über den Wald gesprochen. Dabei gehen wir alle gerne in den Wald. Ich bin sicher, dass es uns besser ginge, wenn wir das regelmäßiger machen würden.
Auf diese Themen möchte ich hinweisen und Denkanstöße geben. Ich rege gerne zu Diskussionen an und beteilige mich – wenn es denn auf einer sachlichen Ebene bleibt. Immer wieder finden sich aber Personen, die mich beleidigen und mir vorwerfen, ich würde Tiere ermorden – sich dann aber selbst keine Gedanken über die Herkunft des Fleisches machen und am besten noch Lederschuhe tragen. Diese Doppelmoral macht mich traurig. Durch meine Präsenz im Internet nehme ich das Megafon in die Hand – ich muss mich aber nicht willkürlich beleidigen lassen.
protokolliert von Sebastian Kalenberg
„Ich begreife nicht, wie
Leute Billigfleisch im Supermarkt kaufen, die Jagd aber missbilligen“