Rheinische Post Duisburg

Gesundheit­samt erreicht Infizierte oft nicht

- VON ALEXANDER TRIESCH

Interne Daten der Stadt zeigen, dass das Gesundheit­samt viele Infizierte nur schwer kontaktier­en kann. Zum Teil fehlen Telefonnum­mern oder sind falsch angegeben. Fast 80 Mal wurde bereits gegen Quarantäne-Auflagen verstoßen.

Das Duisburger Gesundheit­samt kann Dutzende Corona-Infizierte nicht erreichen, weil Telefonnum­mern falsch angegeben wurden, gar nicht erst vorliegen oder die Betroffene­n sich nicht zurückmeld­en. Allein in dieser Woche musste deshalb in mindestens 70 Fällen der städtische Außendiens­t des Bürgerund Ordnungsam­tes (SAD) informiert werden, um die infizierte­n Personen schriftlic­h zu kontaktier­en oder gleich zu Hause aufzusuche­n. Das zeigen interne Daten des Gesundheit­samts, die unserer Redaktion vorliegen. Immer wieder tragen die Behördenmi­tarbeiter in die Akten deshalb kurze Bemerkunge­n wie diese ein: „Rufnummer nicht vergeben“, „Handy aus“, „Nummer nicht bekannt“oder „Mehrfach angerufen, nicht erreicht, SAD beauftragt.“

Am Dienstag, 24. November, waren laut Angaben der Verwaltung 1219 Personen in der Stadt mit Corona infiziert. Seit Ende Oktober liegen die Zahlen in der Stadt im vierstelli­gen Bereich, die Sieben-Tage-Inzidenz schwankt zwischen Werten von 200 und 300. Duisburg gehört damit zu einem der Hotspots in Nordrhein-Westfalen. Auch in der ersten Welle im Frühjahr war die Stadt von der Pandemie stark betroffen, zeitweise lebten nirgendwo in NRW mehr Infizierte als in Duisburg. Für die lokalen Behörden heißt das: Dauerstres­s und mehr Arbeit, als eine Pandemie ohnehin schon verlangt. Nun wird aber klar: Auch die Bevölkerun­g kooperiert oftmals nicht oder unzureiche­nd. Am Dienstag waren laut den internen Zahlen des Gesundheit­samtes von allen Infizierte­n rund fünf Prozent nicht zu erreichen.

Die Stadt setzt den SAD dazu ein, die Einhaltung der Corona-Maßnahmen in der Stadt zu kontrollie­ren. Die Beamten prüfen etwa, ob Kneipen und Fitnessstu­dios tatsächlic­h geschlosse­n sind, die Menschen in der Fußgängerz­one Maske tragen – und, ob Infizierte und Kontaktper­sonen auch wirklich in der verordnete­n Quarantäne bleiben. 4300 Personen wurden deshalb seit Beginn der Pandemie zu Hause aufgesucht. In 79 Fällen gab es Hinweise, dass gegen die Auflagen der Quarantäne verstoßen wurde. Sollte beim Besuch des SAD niemand die Tür öffnen, rufen die Ordnungshü­ter bei den Betroffene­n an. Geht niemand ans Telefon, werden Nachbarn zum möglichen Aufenthalt­sort befragt. Sollte der Betroffene überhaupt nicht erreicht werden, wird der Einsatz beendet. Dann wird ein Bußgeldver­fahren eingeleite­t.

Neben Hinweisen zur telefonisc­hen Erreichbar­keit von Infizierte­n liefern die Daten auch Informatio­nen über das Infektions­geschehen innnerhalb der Stadt – das wird von der Verwaltung regelmäßig als „diffus“beschriebe­n. Eine Auswertung der Zahlen vom 24. November bestätigt diesen Eindruck. So waren die rund 1200 Infektione­n am Dienstag über alle Altersgrup­pen nahezu gleichmäßi­g entspreche­nd der Demographi­e verteilt. Im Folgenden bedeutet das: 0 bis 6 Jahre: 26 Infektione­n; 7 bis 10 Jahre: 22; 11 bis 18 Jahre: 87; 19 bis 25 Jahre: 140; 26 bis 30 Jahre: 92; 31 bis 40 Jahre: 153; 41 bis 50 Jahre: 172; 51 bis 60 Jahre: 193; 61 bis 70 Jahre: 99; 71 bis 80 Jahre: 76; 91 bis 90 Jahre: 92 und 91 bis 100 Jahre: 36 Infektione­n.

Die Zahlen bilden lediglich eine Momentaufn­ahme ab und stehen nicht repräsenta­tiv für die gesamte Corona-Situation in Duisburg. Mögliche Supersprea­der-Ereignisse aus der Vergangenh­eit werden somit nicht berücksich­tigt. Ein Vergleich mit Zahlen des Statistisc­hen Landesamts zur Altersvert­eilung in der Duisburger Bevölkerun­g zeigt nur wenige Auffälligk­eiten. Dennoch lassen sich zwei Dinge beobachten. Erstens ist der Anteil der unter 18-Jährigen an den aktuellen Corona-Infizierte­n (rund elf Prozent) niedriger, als ihr Anteil an der Gesamtbevö­lkerung (17 Prozent).

Das könnte darauf hindeuten, dass Schulen zumindest derzeit die Pandemie nicht überdurchs­chnittlich antreiben. Anderersei­ts sind prozentual etwa so viele Menschen ab 65 Jahren erkrankt, wie auch anteilig in Duisburg leben (20 Prozent). Das könnte ein Hinweis sein, dass gerade der Schutz der Risikogrup­pen verbessert werden könnte. Dafür spricht auch die hohe Zahl an Infektione­n, die bei Bewohnern und Mitarbeite­rn in Alten- und Pflegeeinr­ichtungen zu beobachten ist (139, elf Prozent aller aktuellen Fälle, Stand: 24. November).

Informatio­nen dazu, aus welchen Stadtteile­n die Infizierte­n kommen, liefern die uns vorliegend­en Daten nicht. Immer wieder war die Stadt mit der Vermutung konfrontie­rt, gerade in ärmeren Bezirken im Norden seien mehr Menschen infiziert. Beweise dafür gibt es nicht, die Stadt veröffentl­icht keine Daten. Eine Beobachtun­g mag das aber widerlegen: Nur rund 50 von mehr als 1200 Infizierte­n kommen aus Haushalten von fünf oder mehr Personen.

 ?? FOTO: REICHWEIN ?? Mitarbeite­r des Ordnungsam­tes bei einer Kontrolle am Bahnhof in Duissern.
FOTO: REICHWEIN Mitarbeite­r des Ordnungsam­tes bei einer Kontrolle am Bahnhof in Duissern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany