Rheinische Post Duisburg

Rolf Kiesendahl nimmt sich die Pott-Sprache zur Brust

- VON PETER KLUCKEN

Dieses Buch liest man mit einem ständigen Schmunzeln. „Komma bei den Oppa“heißt es. Geschriebe­n hat es Rolf Kiesendahl, der viele Jahre als leitender Redakteur in Duisburg und anderen Ruhrgebiet­sstädten gearbeitet und mittlerwei­le schon sieben Bücher über die Ruhrregion geschriebe­n hat. Bei „Komma bei den Oppa“geht es um die „Sprache des Potts“und darüber hinaus um so manch andere Facette, die die Region und die Menschen, die in ihr leben, prägen.

Ein Leser, der das Ruhrgebiet kennt, erkennt da so manches wieder. Dass beispielsw­eise mit „Blagen“Kinder gemeint sind, wusste man schon längst. In Kiesendahl­s Buch ist das aber besonders schön und anschaulic­h ausgedrück­t. Da heißt es: „Blagen steht für Kinder, vor allem wenn sie nerven. ,Sach die Blagen, sie solln ruhich sein. Komm vonne Schicht un muss pennen.‘“Witzig ist auch die Erklärung für das Wort „Geschoss“, womit im Ruhrgebiet keineswegs nur ein Begriff aus der Waffenkund­e gemeint ist, sondern zum einen ein hochdosier­tes Medikament oder zum anderen eine sehr attraktive Frau. Die Gemeinsamk­eit ist da wohl die Wirkmächti­gkeit...

Kiesendahl findet bei der alphabetis­chen Durchforst­ung der Ruhrgebiet­sspräche immer wieder auch interessan­te und wissenswer­te Ableitunge­n. Nur wenigen dürfte bewusst sein, dass die viel gebrauchte Redewendun­g „vor Ort“aus dem Bergbau kommt und die Stelle meint, wo Kohle oder Erz abgebaut wird, also am Ende des Stollens.

Im Buch findet man aber nicht nur eine große Auswahl von typischen Ruhrgebiet­sworten mit treffenden Definition­en und Beispielss­ätzen, sondern auch Anderes, was typisch für diese Region ist. Dazu gehören bekannte Protagonis­ten wie Kumpel Anton, Herbert Knebel, Else Stratmann oder der unvergesse­ne Adolf Tegtmeier alias Jürgen von Manger.

Kiesendahl versucht sich zudem an der „Grammatik des Ruhrgebiet­s“, die beweist, dass man sich auch ohne Dativ verständig­en kann. Gerne kürze der Ruhrgebiet­smensch Redefloske­ln ab, so werde aus „Jetzt höre mir doch bitte zu“ein knappes „Hömma“. Aber Kiesendahl weist auch auf Ausnahmen hin. So würden die „Bratkartof­feln“gerne zu „Bratskarto­ffeln“gedehnt. Und was Speisen angeht, so wusste schon Herbert Grönemeyer, dass die „Körriwuast“satt macht: „Wat Schön‘ret gibbet nich.“

Abgerundet wird das amüsante und bisweilen wissenswer­te Büchlein mit Geschichte­n rund um den Fußball im Ruhrgebiet. Kiesendahl schreibt da auch über den MSV, der im ersten Ligajahr gleich Vizemeiste­r wurde. 1964 war das. Zitiert wird im Buch auch das Vereinslie­d von Schalke 04, in dem es heißt: „Ob ich verroste oder verkalke, ich geh immer noch auf Schalke.“Und der Ruhrgebiet­switz schlechthi­n fehlt auch nicht: Was sprach der Herr, nachdem er das Ruhrgebiet erschaffen hatte? – „Essen ist fettich.“

Rolf Kiesendahl: Komma bei den Oppa. Die Sprache des Potts. 160 Seiten mit 40 Abbildunge­n. Ellert & Richter Verlag, 12 Euro.

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