HTV beschwört Durchhaltevermögen
Beim Homberger TV müssen sich die Verantwortlichen mit den aktuellen Corona-Einschränkungen arrangieren. Vorsitzender Sieghard Schilling hofft auf neue Mitglieder und betont die Bedeutung des Vereins für den Stadtteil.
Die Art und Weise, in der Sieghard Schilling gerade Kontakt zu den Mitgliedern seines Vereins aufnimmt, ist den ungewöhnlichen Zeiten angemessen. Der Vorsitzende des Homberger Turnvereins hat einen offenen Brief auf die Homepage des Klubs gestellt, in dem er ausführlich auf die aktuelle Situation eingeht. Diese ist – und da stellt der HTV naturgemäß keine Ausnahme dar – für Sportvereine eine eher schwierige. Auch am Friesenplatz bestimmt die Coronavirus-Pandemie das Gesamtbild. Auch hier müssen Kompromisse gemacht, Einschränkungen akzeptiert, Konzepte neu gedacht werden. Unterkriegen lassen wollen sich Schilling und sein Vorstandsteam davon aber weiterhin nicht.
„In manchen Abteilungen hatten wir sogar Zuwächse“Sieghard Schilling
Die erste Welle des Pandemie-Geschehens im Frühjahr hatte der HTV, was die Mitgliederentwicklung angeht, recht ordentlich überstanden. „In manchen Abteilungen hatten wir sogar Zuwächse, beispielsweise beim Jugendhandball, Basketball oder Badminton“, sagt der Vorsitzende. Für ihn ist das auch kein Widerspruch. „Gerade in diesen Corona-Zeiten gibt doch der Sport die Perspektive, die ganze Sache besser zu ertragen.“
Dies entspricht dem von Schilling vertretenen Grundprinzip, der HTV wolle eben nicht nur als reiner Sportverein, sondern als Institution im Gemeinwesen des Stadtteils eine wichtige Rolle spielen. Dass die politisch verordneten Restriktionen diese nicht leichter machen, liegt auf der Hand. In Zweifel ziehen will Schilling diese aber nicht. „Es ist also unbestritten, dass wir keine Alternative als die Einhaltung der Corona-Regeln haben“, heißt es in dem offenen Brief, in dem der Klubchef auch sogenannten Querdenkern eine Absage erteilt: „Ich bin froh, dass wir im HTV Einvernehmen (...) haben und es keine Corona-Leugner-Diskussionen gibt und keine Fake News über die Nichtexistenz des Virus.“
Auf der anderen Seite stehen die Zwänge, in die der HTV durch die Regeln gerät. Hauptbetroffener ist Daniel Kontermann, neben seiner Tätigkeit als Platzwart auch Pächter der Vereinsgaststätte. Für den Stiefsohn der Homberger Fußball-Legende Achim Kontermann ist dies eine Herzensangelegenheit. „Schon meine Großeltern waren 30 Jahre lang hier tätig. 2021 sind es 50 Jahre,
die unsere Familie im Dienst der Homberger Vereine steht“, sagt Kontermann.
Die Vereinsmitglieder dankten es mit Solidarität. So spendeten beispielsweise die Mitglieder der Laufgruppe, deren Teilnahme an einer Veranstaltung in Berlin Corona-bedingt entfiel, einen Teil der zurückerhaltenen Startgelder. Andere Abteilungen haben für die Klubgaststätte gesammelt. Das half, kann aber nicht alles ersetzen. Gerade auch jetzt wieder, da die HTV-Heimstätte geschlossen bleiben muss. In der Jahreszeit mit Hoppeditzerwachen und Weihnachtsfeiern blutet Kontermann, selbst aktiver Karnevalist, das Herz: „Das geht nicht nur ans Portemonnaie, das ist auch in sozialer Hinsicht ein Einschnitt.“
Um den Verein auch weiterhin unbeschadet durch die komplizierte Phase steuern zu können, hofft Sieghard Schilling auf das Durchhaltevermögen seiner Mitglieder. „Die Beiträge sind die finanzielle Basis des Vereins“, sagt er und hofft folglich, dass es weiterhin nicht zu signifikanten Austritten kommt. „Da die Kosten gleich geblieben sind, können wir uns das nicht leisten“, so der Vereinschef. Vielmehr müsse der Fokus darauf liegen, neue Mitglieder anzuwerben – auch um die Altersstruktur wieder besser auszubalancieren. Digitalisierung heißt auch hier das Zauberwort, und Sieghard Schilling weiß, dass jene Kommunikationskanäle, die vermeintlich hip sind, längst nicht mehr diese Bedeutung haben. „Mit Facebook kann ich Jugendliche nicht erreichen“, sagt er. Insgesamt müsse die Öffentlichkeitsarbeit offensiver gestaltet werden.
In diesem Kontext unterstreicht der frühere Geschäftsführer des
Duisburger Diakoniewerks, welche Philosophie ihn umtreibt. „Leider spiegeln wir beim HTV, was die Mitglieder im Erwachsenenbereich angeht, nicht unsere Gesellschaft wider. Wir müssen überlegen, wie wir in diesem Bereich den besten Beitrag zur Inklusion leisten können.“Es müsse für Menschen mit Migrationshintergrund möglich sein, in einem Verein wie dem Homberger TV, einen verantwortungsvollen Posten zu übernehmen. Der aktuelle Vorstand des Vereins wurde in diesem
Jahr bei einer unter Corona-Bedingungen durchgeführten Mitgliederversammlung gewählt.
Neben einer notwendigen Beitragserhöhung – die erste in sieben Jahren, wie Sieghard Schilling sagt – gab es auch eine Änderung in der Führungscrew. Dem ausgeschiedenen Frank Hüsken folgte Stephanie Dortelmann als stellvertretende Vorsitzende. Sie ist als Trainerin der „Fliegenden Homberger“für eines der Aushängeschilder des Vereins verantwortlich. Die Showgruppe, in Duisburg vor allem durch ihre Auftritte bei der Sportschau im Theater am Marientor bekannt, aber längst außerhalb der Stadtgrenzen eine große Nummer, musste sich in diesem Jahr gezwungenermaßen auf Trainingseinheiten beschränken. Die gab es bisweilen auch unter freiem Himmel auf der Anlage.
Den turnenden Nachwuchs dort spätestens im Sommer wieder zu sehen – das ist ein Wunschtraum von Schilling und Kontermann. „Eine Vorstellung der Fliegenden Homberger, vielleicht in Kombination mit unserem in diesem Jahr ja auch ausgefallenen Volkslauf – das wäre so ein symbolischer Neustart“, sagt der Vorsitzende. Bis dahin heißt die Devise: Durchhalten.