Suchthilfeverbund fordert Druckraum für Drogenabhängige
Die Drogenberater und die Justizvollzugsanstalt (JVA) Hamborn haben ihre Kooperation noch einmal erweitert.
(mtm) 313 Haftplätze hat die JVA Hamborn, rund ein Drittel der Gefangenen, so schätzt es Koordinatorin Carina Melle, sind suchtkrank. 244 Plätze gibt es für männliche Straftäter in Hamborn, die restlichen Plätze sind für Frauen, die in einer Zweigestelle in Dinslaken untergebracht sind, berichtet der Leiter der JVA, Stefan Cassone. In erster Linie ist die Anstalt in Hamborn ein Untersuchungshaftgefängnis beziehungsweise für eine Verbüßung von Kurz-Freiheitsstrafen gedacht. Wer hier wirksam Drogensucht bekämpfen will, braucht einen Draht nach draußen. Interne und externe Hilfe, eng verzahnt, das ist das Prinzip, mit dem hier schon seit 20 Jahren eine Kooperation des Gefängnisses und des Duisburger Suchthilfeverbundes arbeitet. Jetzt wurde die Zusammenarbeit noch einmal intensiviert und ausgeweitet. Das nahmen die Beteiligten am Donnerstag zum
Anlass, in den neuen Räumen der Suchthilfe an der Rathausstraße in Hamborn die Hintergründe zu erläuern.
Die Drogenberaterinnen Natalie Stein und Emel Schröder versuchen, möglichst frühzeitig während der Haft den Kontakt zu den Suchtkranken herzustellen. Zwar gibt es dazu auch seitens der Vollzugsanstalt Angebote in Form von Einzelund Gruppengesprächen oder in einem Substitutionsprogramm – um die Sucht erfolgreich in den Griff zu bekommen, sind aber natürlich viel längere Zeiträume notwendig. „Viele der Abhängigen sind polytoxikoman, das heißt, sie nehmen mehrere Drogen. Die Palette reicht von Heroin, Kokain, THC bis hin zu Amphetaminen“, sagt Carina Melle. Aber auch Alkohol oder Spielsucht spielen dabei eine Rolle. Wer substitutiert werden muss, bekommt vom Anstaltsarzt Methadon, muss sich aber auch regelmäßig untersuchen lassen, ob er nicht noch zusätzlich Drogen nimmt. Grundsätzlich ist die JVA clean, aber: „Wo Menschen ein und ausgehen, lässt sich auch nicht alles verhindern“, so
Anstaltsleiter Cassone. Regelmäßige Kontrollen, Urintests oder auch unangemeldete Durchsuchungen mit der Polizeihundestaffel sollen den Drogenkonsum hinter Gittern erschweren.
Wenn es Natalie Stein und Emel Schröder erst einmal gelungen ist, Vertrauen zu den suchtkranken Menschen aufzubauen, kann ihre Arbeit auch nach Beendigung der Haftzeit fortgesetzt werden. Dabei geht es auch darum, soziale Hilfestellungen zu leisten. Wer aus dem Teufelskreis ausscheren will, der braucht bestenfalls auch eine Krankenversicherung, eine Postadresse, ein Dach über dem Kopf, einen Arbeitsplatz oder eine Ausbildung. „Wenn der Leidensdruck bei den Betroffenen groß ist, sind sie eher bereit, dabei mitzumachen“, sagt Natalie Stein.
Mustafa Arslan, Geschäftsführer des Suchthilfeverbundes, sieht aufsuchende Sozialarbeit in der JVA als wichtigen Baustein im Sinne der Formel „Therapie statt Strafe“an. Deshalb engagiert sich die Suchthilfe auch über die von der JVA gezahlten Fallpauschalen hinaus. Die Suchthilfe in der Stadt Duisburg stecke aber immer noch in den Kinderschuhen: „Wir brauchen unbedingt einen Konsumraum. Und wir sind auch mit zwei Streetworkern im Kantpark präsent. Trotzdem liefern sich dort die Polizei und die Abhängigen häufig ein Katz- und Mausspiel.“