Merkel antwortet gut – nur auf eine Frage nicht
Die Kanzlerin hat in der Corona-Pandemie dazugelernt: Angela Merkel hat ein gutes Gespür dafür entwickelt, wann es nötig ist, sich in die Öffentlichkeit zu begeben und ihre Politik zu erklären. Das war in den zurückliegenden Krisen nicht immer so – besonders in der Flüchtlingskrise ließ Merkel diese Sensibilität vermissen. Doch nach dem jüngsten Bund-Länder-Treffen, der Verlängerung des Lockdowns und dem harschen Streit über die Schulschließungen erschien es der Regierungschefin nötig, ihre Motive ausführlicher darzustellen. Sie merkte, dass ihr die Deutungshoheit aus der Hand genommen werden könnte.
Der Auftritt vor der Bundespressekonferenz verschafft der Bundeskanzlerin wieder etwas Luft. Geduldig und detailliert erklärt sie den Balanceakt zwischen aktuell sinkenden Infektionszahlen und der Angst vor dem mutierten Virus. Oft mit dem Verweis auf die Wissenschaft, dennoch in einfachen Worten. Gewohnt nüchtern beschreibt die Regierungschefin, was sie in der „Jahrhundertkatastrophe“politisch antreibt. Es ist ein selbstbewusster, teils optimistischer Auftritt, der im Gegensatz zu ihrem emotionalen Verhandeln in der Ministerpräsidentenkonferenz steht.
Eine Frage jedoch beantwortet Angela Merkel unzureichend: Sie sehe in der Frage der schleppenden Impfstoffbeschaffung keine Fehler bei sich oder der Bundesregierung. Kanzlerin und Gesundheitsminister setzen bei dem Thema auf das Prinzip Hoffnung – die Hoffnung, dass die Beschaffungsfragen spätestens im Sommer vergessen sein werden. Die Kanzlerin sagt, dass bis zum Ende des Sommers allen Bürgern ein Impfangebot gemacht werden könne, und nennt ausdrücklich den 21. September. Es ist ein Versprechen, für das sie sich bei der Bundestagswahl jedenfalls nicht mehr verantworten muss.
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