IG-Bau-Chef fordert Staatshilfe für Azubi-Wohnungen
Die Gewerkschaft will Milliardenbeträge für die Bauförderung. Ob die Bauherren in NRW darauf anspringen, ist jedoch fraglich.
DÜSSELDORF Angesichts steigender Mieten warnt die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) vor einer dramatischen Wohnungsnot für Berufsanfänger. Es müssten dringend mehr Anstrengungen unternommen werden, auch für Auszubildende bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sagte IG-Bau-Chef Robert Feiger unserer Redaktion: „In vier von fünf Städten sind die Mieten im vergangenen Jahr trotz Corona weiter gestiegen.“Für Azubis sei die Mietbelastung vielerorts nicht mehr zu stemmen. „Wenn Berufsstarter die Hälfte ihres Einkommens für ein WG-Zimmer ausgeben müssen, dann läuft etwas schief“, so
Feiger. Einer wachsenden Zahl von Auszubildenden bleibe häufig keine andere Alternative als das „Hotel Mama“. Die Misere am Wohnungsmarkt für Berufsstarter führe gerade in den Ballungszentren zu einem verschärften Fachkräftemangel.
Abhilfe könne ein von Bund und Ländern getragenes Programm zum „Azubi-Wohnen“schaffen, schlägt der Gewerkschafter vor. Bestehende Angebote reichten nicht aus. „Während die Studentenwerke durch ihr Angebot zumindest einen Teil der Wohnungsnot für Studierende lindern, gibt es kaum geförderte Wohnungen für Azubis.“
Feiger plädiert dafür, das Azubi-Wohnen in die Förderung des sozialen Wohnungsbaus dauerhaft zu integrieren. Allerdings müssten die dafür vorgesehen Kompensationszahlungen des Bundes an die Länder von derzeit einer Milliarde Euro pro Jahr massiv aufgestockt werden. Nach Einschätzung der Gewerkschaft sind insgesamt Investitionen von jährlich sechs Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau nötig, um den Schwund an Sozialwohnungen zu stoppen.
Die Landesregierung reagiert auf diesen Vorstoß zurückhaltend. Sie verweist darauf, dass Azubi-Wohnungen seit Februar 2020 in NRW im Rahmen der Wohnraumförderung des Landes ausdrücklich berücksichtigt werden. Wie viele Azubi-Wohnungen in diesem Zusammenhang gebaut wurden, ließ das NRW-Bauministerium auf Anfrage unserer Redaktion unbeantwortet. Ein Sprecher verwies darauf, das die Ministerin das Vorhaben den Bezirksregierungen vorgestellt und diese ermutigt habe, mit den Kammern auch regionale Lösungen anzustreben.
Das Thema beschäftigte auch den sogenannten Ausbildungskonsens – jenes Forum also, an dem Arbeitgeberverbände, Kammern, Gewerkschaften, Landesregierung und Bundesagentur für Arbeit über Verbesserungen der dualen Ausbildung sprechen. Die Teilnehmer hätten die Aufnahme in die Wohnungsbauförderung begrüßt, so der Sprecher. Allerdings gab es offensichtlich unterschiedliche Vorstellungen, wie am besten Wohnraum für die Berufsanfänger geschaffen werden sollte. „Ein Teil der Partner sympathisiert mit einer Öffnung der Studierendenwerke für das Thema Azubi-Wohnen. Ein anderer Teil favorisiert privatwirtschaftliche Lösungen, für die es im Rahmen der Förderrichtlinie einen Raum gibt“, hieß es.
Azubis, die sich keine Wohnung leisten können und nicht mehr bei den Eltern leben wollen, haben Anspruch auf die sogenannte Berufsausbildungsbeihilfe der Bundesagentur für Arbeit. im Zeitraum von November 2019 bis September 2020 im Schnitt 19.580 Jugendliche Gebrauch gemacht. Das sind rund sieben Prozent der Azubis im Land.