Ein Paradies für Filmkunst-Fans
Die Streaming-Plattformen Mubi und Pantoffelkino bieten ein kuratiertes Programm aus Arthouse-Filmen und Klassikern.
Die Sehnsucht nach Kinoerlebnissen wird mit jedem Tag im Lockdown größer, und mit Kino ist nicht allein gemeint, sich bewegte Bilder anzuschauen. Sondern Filme, die ihre Zuschauer faszinieren, irritieren und bestenfalls emotional durchschütteln. Produktionen, die andere Blicke auf die Welt präsentieren und das Licht auch mal in jene Nischen des Lebens tragen, die bei Netflix und Co. allzu oft unbeleuchtet bleiben. Und das alles auf eine Weise und mit einer Erzählhaltung, die nicht bloß darauf ausgelegt ist, dass man weiter konsumiert.
Natürlich gehört zum Kino-Erlebnis ganz unbedingt auch das gemeinsame Abtauchen in einem dunklen Saal. Das kann man nun zwar nicht erleben, aber man kann sich im Internet die Filme besorgen, die in Arthaus-Kinos laufen würden, wenn draußen nicht Pandemie wäre. Eine der Plattformen, die ein besonderes Programm bieten, heißt Pantoffelkino, und wer sich dort Filme leiht, investiert direkt in die Kinos.
Pantoffelkino ist eine Aktion der Düsseldorfer Filmkunstkinos. Sie bieten schon seit längerer Zeit „Kino on demand“an, man kann also Filme online leihen. Die Zugriffe gingen vor allem im ersten Lockdown durch die Decke, sagt Kalle Somnitz. Inzwischen hat er einen eigenen Vimeo-Account angelegt, auf dem er neuerdings Erstaufführungen zeigt, die ohnehin in seinen Kinosälen zu sehen gewesen wären. „Leif in Concert“etwa, einen ziemlich sympathischen deutschen Spielfilm über einen Tag im Leben einer Kneipe. Bela B. von den Ärzten spielt auch mit.
Ein Abo benötigt man nicht, jeder Titel wird einzeln abgerechnet. „Leif in Concert“kostet zehn Euro für 24 Stunden, ein Klassiker wie „The King’s Speech“kostet 4,99 Euro für 48 Stunden. Von den Leihgebühren der Erstaufführungen gehen 50 Prozent ans Kino, sagt Somnitz, bei den Repertoire-Titeln sind es etwa 30 Prozent. Bisher kommt die Platform auf rund 400 Streams im Monat. Jede Woche kommen neue Filme hinzu, in dieser Woche etwa „Ronja Räubertochter“, „Knives Out“, der in Cannes gefeierte „Capernaum. Stadt der Hoffnung“und die Dokumentation „Snowden“.
Für Somnitz ist Pantoffelkino keine Notlösung. Er möchte auf der Plattform auch nach der Wiedereröffnung der Kinos ein kuratiertes Programm bieten. Zu sehen sein könnten dann Titel, die bemerkenswert sind, aber lediglich ein spezielles Publikum ansprechen, also im Kino auf 20 bis 30 Zuschauer kämen. So könne man ein breiteres und vielfältigeres Angebot bieten. „Kino wird demnächst auch im Netz stattfinden“, sagt Somnitz. Und auf Pantoffelkino kann man Filme so schauen, dass auch das Kino etwas davon hat.
Dem Autorenfilm hat sich die Plattform Mubi verschrieben. Es gibt als Hauptkategorie die Rubrik „Film des Tages“, ein Konvolut von 30 Produktionen, von denen täglich eine ausgetauscht wird. Darunter sind Kinohits wie Michael Manns „Heat“, umstrittene Produktionen wie das Sex-Drama „Love“von Gaspar Noé, der bahnbrechende japanische Klassiker „Im Reich der Sinne“und Arthouse-Standards wie „Before Sunrise“. Außerdem gibt es kuratierte Reihen mit Meisterwerken großer Regisseure, etwa von Nanni Moretti. Zudem Schwerpunkte: Im aktuellen Frankreich-Special kann man sich Filme von Jean Cocteau und Agnes Varda ansehen.
Mubi bietet Produktionen avantgardistischer Regisseure, die anderswo nicht zu haben sind. Wo sonst findet man Chantal Akerman oder Jonas Mekas? In der aktuellen Reihe mit Debüts werden die frühesten Filme von Francis Ford Coppola, Denis Villeneuve und Angela Schanelec präsentiert. Seit einiger Zeit gibt es dort auch Erstaufführungen, aktuell etwa „Beginning“von Dea Kulumbegashvili. Die georgische Produktion hätte in Cannes laufen sollen, wurde dann in San Sebastian mit vier Preisen geehrt, unter anderem für die beste Regie und den besten Film. Und nun läuft sie eben bei
Mubi. Auch der neue Film von Werner Herzog, „Family Romance LLC“, läuft hier. Bemerkenswert ist zudem die Kurzfilmreihe, wo derzeit Arbeiten von Luca Guadagnio und Yorgos Lanthimos zu sehen sind.
Ein Monatsabo kostet 9,99 Euro, das Jahresabo 71,88 Euro. Dafür gibt es außer den Filmen die Möglichkeit, auf das „Notebook“zuzugreifen, wo Artikel aus internationalen Filmmagazinen und Blogs gepostet werden, und wer mag, kann sich in der „Community“mit anderen Filmfans über das Gesehene austauschen.
Auf das volle Kinoerlebnis muss man weiter warten. Auf die Filme aber nicht.