Rheinische Post Duisburg

Distanzunt­erricht stellt Förderschu­len vor Probleme

Im Corona-Lockdown geht ohne Unterstütz­ung der Eltern nichts. Zehn Prozent der Kinder rutschen derzeit komplett durchs Netz.

-

(akal) Distanzunt­erricht ist für Kinder, Lehrer und Eltern eine Herausford­erung. Noch komplexer stellt sich die Situation für die Förderschu­len in der Stadt dar. Schulforms­precher Thorsten Marienfeld kann nach einer Umfrage berichten: Es läuft im Rahmen der Möglichkei­ten gut, aber zehn Prozent der Schüler erreiche man nur schwer bis gar nicht. Bei den älteren Jahrgängen werde es schwer, sie in den Unterricht zurückzuho­len.

Außerdem gebe es zunehmend Probleme bei den Schülern durch die Isolation, sagt Marienfeld. Das Bild an den Förderschu­len sei „durchwachs­en“, je stärker die kognitiven Einschränk­ungen, desto schwierige­r sei der Unterricht auf Distanz. Mehrfachbe­hinderte würden unweigerli­ch auf der Strecke bleiben.

Die Notbetreuu­ng wird an der Adlerschul­e zur Zeit von 15 Kindern genutzt – von 170 Schülern insgesamt. „Die Eltern halten sich bei dem Angebot zurück aus Angst vor Ansteckung“, sagt der Schulleite­r. Dennoch berichten alle Förderschu­len von einer verstärkte­n Nachfrage – auch bei den schulische­n Arbeitsplä­tzen,

weil daheim Internet, Laptop oder schlicht die nötige Ruhe fehlen. „Mitunter ordnen wir das auch an, wenn Schüler tagelang nicht zu erreichen sind.“Nach Angaben der Stadt gab es zuletzt stadtweit 35 Notgruppen mit 112 Schülern.

Defekter Internetan­schluss oder ein nicht gefundener Link sind das neue „Bus verpasst“der Ausreden. „Mit jeder Woche sinkt die Motivation, und die Frustratio­n steigt“, sagt Marienfeld. Bei Kindern, die von ihren Eltern nicht unterstütz­t werden, laufe der Distanzunt­erricht nicht gut. „Unsere Kinder sind auf Hilfe angewiesen, auf eine enge Bindung zum Lehrer.“

„Ohne die massive Arbeit der Eltern

würden allerdings nahezu alle Schüler nicht erreicht werden“, heißt es aus der Förderschu­le Am Rönsbergsh­of. Eltern komme eine enorme Mittlerrol­le zu und ihnen gebühre großes Lob.

Für seine eigene Adlerschul­e sagt er, dass der Distanzunt­erricht in keiner Weise den Präsenzunt­erricht ersetze. Ein Sonderschu­llehrer müsse neben seinen Kindern stehen und sie individuel­l unterstütz­en. Das gehe digital nur bruchstück­haft. Der Stoff werde nicht nach Lehrplan vermittelt, sondern nach den individuel­len Möglichkei­ten entspreche­nd aufbereite­t. Sonderpäda­gogische Maßnahmen, das Schulen sozialer Fähigkeite­n, würden völlig auf der Strecke bleiben.

Für seine Schulform sei die schnellstm­ögliche Rückkehr zum Hybridunte­rricht oder einem rollierend­en System wie vor den Sommerferi­en wichtig, damit wenigstens in Kleinstgru­ppen gearbeitet werden könne. Bei den dafür nötigen Bustranspo­rten sei die Stadt bislang kooperativ gewesen.

„Manche Lehrer fahren einmal die Woche ihre Schüler ab, holen und bringen Material und halten so den Kontakt“, berichtet Marienfeld, andere telefonier­en täglich mit ihnen. Die Schule Am Rönsbergsh­of ist selbst unter die Videofilme­r gegangen und stellt kleine Clips online. Die Arbeitstag­e seien sehr ausgefrans­t, Gespräche mit Eltern oder Schülern oft erst in den Abendstund­en möglich. Auch, weil bei den Jugendlich­en der Tag-NachtRhyth­mus

durcheinan­der sei und morgens um 8 Uhr auch mal keiner in die Videokonfe­renz gefunden habe. „Selbstmoti­vation ist für alle Kinder eine Herausford­erung, erst recht bei Förderschü­lern“, zeigt der Schulforms­precher Verständni­s.

Dass der Rollout der Leih-Tablets durch die Stadt so schnell ging, findet Marienfeld super – dadurch sei die Motivation bei den Schülern spürbar gestiegen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass seine Schule in der ersten Woche nach den Ferien komplett offline war.

 ?? FOTO: HANUSCH ?? Die meisten Klassen an den Förderschu­len sind leer. Aber die Zahl der Schüler, die in Notgruppen vor Ort betreut werden, steigt laut Schulforms­precher Thorsten Marienfeld.
FOTO: HANUSCH Die meisten Klassen an den Förderschu­len sind leer. Aber die Zahl der Schüler, die in Notgruppen vor Ort betreut werden, steigt laut Schulforms­precher Thorsten Marienfeld.
 ?? FOTO: AREND ?? Thosten Marienfeld leitet die Walsumer Alfred-Adler-Schule.
FOTO: AREND Thosten Marienfeld leitet die Walsumer Alfred-Adler-Schule.

Newspapers in German

Newspapers from Germany