Zuschlag für die Wolfsburg
Die beliebte Akademie an der Stadtgrenze zu Mülheim bleibt erhalten.
Hinter den Kulissen hat es in der Finanzabteilung des Bistums Essen schon seit langem gebrodelt. Kirchenaustritte mit dem damit einhergehenden Verlust an Kirchensteuereinnahmen sowie allgemeine Kostensteigerungen machen immer mehr Sparmaßnahmen notwendig. Jetzt ging es um die Frage, ob sich das Bistum Essen, zu dem die meisten katholischen Gemeinden in Duisburg gehören, weiterhin drei große Bildungshäuser leisten kann. Die Frage war schnell beantwortet: Nein! Doch welches Bildungshaus sollte aufgegeben werden? Zur Debatte standen: Die katholische Akademie „Die Wolfsburg“an der Stadtgrenze Mülheim/Duisburg, das Kardinal-Hengsbach-Haus (KHH) in Essen-Werden und das Jugendhaus St. Altfrid in Essen-Kettwig.
Nach intensiven Beratungen kam eine eigens eingesetzte Projektgruppe des Bistums zu der Empfehlung, den Tagungsbetrieb im Kardinal-Hengsbach-Haus einzustellen.
Dagegen bekam die Akademie „Die Wolfsburg“den Zuschlag, als einzige Bildungseinrichtung des Bistums für Erwachsene ihre Arbeit nicht nur fortzusetzen, sondern auch die bisherigen Arbeitsschwerpunkte des Kardinal-Hengsbach-Hauses zu übernehmen. Bischof Overbeck versprach, sich dafür einzusetzen, dass die KHH-Mitarbeiter weiterhin im Bistum beschäftigt werden.
Viele Duisburger werden aufatmen, dass die in der Nähe des Zoos gelegene Wolfsburg den Sparzwang des Bistums überstanden hat. Das imposante Gebäude mit einer Fläche von 5400 Quadratmetern wurde von 1990 bis 1992 „kernsaniert“, wobei der Begriff eine Untertreibung ist. Denn von der denkmalgeschützten Wolfsburg, die 1906 als Gästehaus und Kurhotel eingeweiht wurde, blieb nur die Jugendstilfassade übrig; alles andere wurde neu gebaut. Die Wolfsburg sieht zwar alt aus, ist aber ein moderner und gut ausgestatteter Tagungsort mit 50 hochwertigen Einzelzimmern und 20 Doppelzimmern.
Es stehen mehrere Seminarräume unterschiedlicher Größe zur Verfügung sowie ein Hörsaal mit insgesamt 200 Plätzen.
Die promovierte Theologin Judith Wolf ist seit Juli 2019 als Nachfolgerin von Michael Schlagheck Direktorin der Akademie. Zuvor war sie neun Jahre lang Schlaghecks Stellvertreterin. Judith Wolf sagte gegenüber der RP, dass die Wolfsburg in Zukunft die Arbeit, die bislang im Hengsbach-Haus geleistet wurde, in ihr Profil integrieren werde, aber die Ausrichtung der Wolfsburg als „offene Akademie“werde weiter gepflegt. In der Wolfsburg gelte ein Bildungskonzept, dass viele Facetten des Lebens sowie globale Fragen in den Blick nimmt. Die Wolfsburg stehe allen Menschen offen, unabhängig von der Konfession. Im Bildungsbereich der Wolfsburg arbeitet ein festes Dozententeam aus den Fachgebieten Ethnologie, Philosophie, Theologie, Gesundheitswissenschaften, Pädagogik und Journalistik. Entsprechend ist das Themenfeld weit – und, wie in der von der Wolfsburg herausgegebenen Zeitschrift „Akzente“deutlich wird, gegenüber der Kirche keineswegs unkritisch.
Wie in vielen Bildungseinrichtungen gibt es in der Wolfsburg-Akademie zurzeit nur digitale Angebote. Doch sobald es wieder möglich ist, „können wir auch im Haus wieder voll loslegen“, so Judith Wolf. Da das Hengsbach-Haus nun nicht mehr zur Verfügung steht, könne es sein, dass es so viele Anfragen gibt, dass man zu Absagen gezwungen sei. Mit einem „klugen Belegungsmanagement“soll Engpässen begegnet werden.