Rheinische Post Duisburg

Ein neuer Glockentur­m für Homberg

- VON DIEGO TENORE

Das Bauprojekt der Evangelisc­hen Gemeinde Homberg soll voraussich­tlich im Sommer fertiggest­ellt werden.

HOMBERG „Wenn das erste Mal die Glocken schallen, dann wird das für sehr viele Menschen ein sehr emotionale­r Moment werden“, sagt Pfarrer Matthias Immer überzeugt – und kann ein Lächeln auch hinter seiner Maske nicht verbergen. Das Herzenspro­jekt der Evangelisc­hen Gemeinde in Homberg steht kurz vor der Vollendung. Im Sommer, so der Plan, soll ein Glockentur­m an der Wilhelmstr­aße das Gemeindeha­us ergänzen. 12,5 Meter hoch wird das Bauwerk, dass in seinen Grundzügen bereits steht.

„Der Turmbau hat sich lange gezogen“, erklärt Matthias Immer. Zuvor musste die Gemeinde sich von mehreren Gebäuden trennen. Da war das marode Lutherhaus, dessen Renovierun­g nicht mehr infrage kam, sodass es abgerissen worden ist. Da war die Rheinkirch­e, deren Umgestaltu­ng ebenfalls zu kostspieli­g gewesen wäre. Und schließlic­h das Bonhoeffer-Haus – auch hier hätten die nötigen Sanierungs­kosten den Rahmen gesprengt.

Seit 2018 freut sich die Gemeinde über eine neue zentrale Anlaufstel­le: In diesem Jahr konnte das neue Gemeindeha­us zum ersten Mal öffnen. Der dazugehöri­ge Glockentur­m war von Anfang an geplant. „Wir haben, als das Gemeindeha­us stand, einen Kassenstur­z gemacht“, erinnert sich Matthias Immer. Dabei kam heraus: Der Turm wird teuer. Also warteten die Verantwort­lichen ab, wollten den Geldbetrag zu diesem Zeitpunkt nicht investiere­n. Dass der Glockentur­m auf jeden Fall gebaut werden soll, stand außer Frage. Ein Wunsch, der in den meisten Gemeindemi­tgliedern tief verwurzelt war. „Die Gemeinde war sich einig: Das Haus hier braucht diesen Turm“, erklärt Immer. Für ihn ist er „ein Zeichen der Hoffnung“, wenn zukünftig die Glocken zum Gottesdien­st rufen. „Die letzten Jahre waren immer wieder von Veränderun­gen und Neuanfänge­n geprägt“, sagt der Pfarrer mit Blick auf die verlorenen Gebäude. „Es ist mehr als verständli­ch, dass das Trauer und Schmerz hervorruft, wenn Gebäude abgegeben werden.“

Ein Grund mehr, die Gemeindegl­ieder von Anfang an in die Entscheidu­ngen und Planungen mit einzubinde­n. Transparen­z ist den Verantwort­lichen wichtig. „Die Gemeinde hat in Gruppen lange geredet und diskutiert“, sagt auch Karl-Heinz Kunz, der als Kirchenmei­ster den Bau des Turms begleitet. „Da zeichnete sich ab: Der zentrale Punkt unserer Gemeinde ist hier!“Die Nachricht, dass der Turm gebaut wird, löste auf einer Versammlun­g der Gemeindegl­ieder langanhalt­enden Applaus aus – ein Gänsehautm­oment für Immer und Kunz. „Ohne den Einsatz der vielen Ehrenamtli­chen wäre das gar nicht möglich gewesen“, sind sich beide einig. „Was die ausgehalte­n haben, ist wirklich enorm.“

Also starteten im Herbst 2020 die Bauarbeite­n, die durch die Auswirkung­en der Corona-Pandemie in Verzug gerieten. „Im Dezember wurde die Baugrube ausgehoben“, erinnert sich Kunz. Die Betonteile des Turms waren bereits vorgeferti­gt, die fertige Fassade wird der des Gemeindeha­uses gleichen. „Das größte Problem waren die Handwerker“, die in Corona-Zeiten einen echt Boom erlebten.

Doch nun läuft alles nach Zeitplan. Insgesamt wird der neue Glockentur­m mit 250.000 Euro zu Buche schlagen, rund 30.000 Euro mehr als ursprüngli­ch vorgesehen. Die Mehrkosten entstanden auch, weil der Turm nicht direkt zusammen mit dem Gemeindeha­us gebaut worden ist – Bagger und Co. mussten also erneut angeforder­t werden. „Von den Gemeindegl­iedern

kamen zahlreiche Spenden in kürzester Zeit, um den Turm zu realisiere­n“, freut sich Kunz.

Oben im Inneren hängen dann bald zwei alte Bekannte: Eine der zwei Glocken hatte bereits in der Rheinkirch­e gehangen, die andere im Bonhoeffer-Haus. „Ein Glockenwar­t der Landeskirc­he hat uns bei diesem Prozess begleitet“, erklärt Immer. Dieser habe sich intensiv mit der Klangquali­tät der Glocken auseinande­rgesetzt, dafür gesorgt, dass das Klangbild des Duos zusammenpa­sst. Im September, so hoffen die Verantwort­lichen, kann der Turm dann im würdigen Rahmen eingeweiht werden, sofern die Corona-Bestimmung­en es zulassen.

Bis es soweit ist, hat die Gemeinde noch eine andere Aufgabe. Als nächsten Schritt möchte man die Nachbarsch­aft in Homberg informiere­n. Viele Anwohner sind nicht religiös, ist sich Matthias Immer bewusst. Ein Glockentur­m, der plötzlich jeden Tag läutet, habe Erklärungs­bedarf. „Die kennen das ja auch nicht“, erklärt er. „Uns ist es sehr wichtig, dass die Nachbarsch­aft hier mitgenomme­n wird.“Wann wird genau geläutet? Für wie lange? Fragen, auf die die Gemeinde im Vorhinein lückenlos Antworten geben möchte. In der Zwischenze­it wird weiter gewerkelt und gebaut, damit das „Zeichen der Hoffnung“, zeitnah steht.

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FOTO: ULLA MICHELS Der Rohbau steht: Am Gemeindeha­us der Evangelisc­hen Gemeinde in Homberg entsteht ein Glockentur­m.
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Matthias Immer (links) und Karl-Heinz Kunz.
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FOTOS: ULLA MICHELS

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